Unterschiedliche Matcha Mahlverfahren: Einfluss auf Geschmack und Wirkung
Hinweis: Dieser Artikel fasst wissenschaftliche Literatur zusammen und ersetzt keine individuelle medizinische, pharmazeutische oder ernährungswissenschaftliche Beratung.
Beim Matcha entscheidet nicht nur die Teesorte über Qualität und Wirkung, sondern auch die Art, wie er gemahlen wird. Unter dem Mikroskop zeigen sich erstaunliche Unterschiede in Partikelgröße und Struktur und diese wirken sich direkt auf Geschmack, Textur und den Gehalt an wertvollen Inhaltsstoffen aus.
Die Japan Tea Association (日本茶業中央会) definiert Matcha (抹茶) eindeutig als:
Tencha, der in einer Steinmühle (ishiusu) zu Pulver vermahlen wurde.
Diese Formulierung grenzt Matcha klar von anderen Pulvertees (z. B. pulverisiertem Sencha oder maschinell gemahlenen Grüntees) ab. Das bedeutet, nur Tencha, der in Granitsteinmühlen vermahlen wird, darf offiziell als "Matcha" bezeichnet werden.
Die Japan Tea Association erwähnt in Dokumenten zur geografischen Herkunftskennzeichnung aber gleichzeitig, dass regionale Produzenten auch modernere, schonende Mahltechniken einsetzen dürfen. Entscheidend bleibt, dass die Textur, Farbe und chemische Zusammensetzung dem traditionellen Matcha entsprechen.
Das Mahlen von japanischem Matcha ist also eine Wissenschaft und Kunstform für sich, die sicherstellen soll, dass alle für Geschmack und Wirkung verantwortlichen Inhaltsstoffe erhalten bleiben.
Warum ist das beim Matcha Mahlverfahren wichtig?
Vor dem Mahlen von Matcha wird das frisch geerntete Material zuerst gedämpft, bevor in einem aufwendigen Verfahren bittere Stängel und Blattrippen entfernt werden. Diese Vorstufe heißt Tencha. Beim Mahlen von Tencha entstehen dann ultra feine Partikel, deren Größe und Oberfläche entscheidend sind für Textur (Mundgefühl) und dafür, wie gut sich die Inhaltsstoffe im Wasser lösen. Wärme beim Mahlen kann empfindliche Inhaltsstoffe schädigen, daher ist schonendes Mahlen mit kleiner Partikelgröße ideal.
Das Mahlen ist aber kein rein physikalischer Vorgang, bei dem der Tencha einfach zerkleinert wird. Durch die Reibung in der Mühle werden Zellstrukturen aufgebrochen und Sauerstoff eingetragen. Dabei laufen chemische Reaktionen ab, die das Aroma des Matcha verändern. Bestehende Duftstoffe werden freigesetzt und neue flüchtige Verbindungen entstehen durch Oxidation und leichte Erwärmung.
Im Vergleich zu ungemahlenem Tencha steigt beim Matcha insbesondere der Gehalt an:
- Safranal: warm, süßlich, honigartig (entsteht aus Abbau von Carotinoiden)
- Fenchylacetat: frisch, blumig, typisch für hochwertige Matchas
- cis-7-Decen-1-al: grün, pflanzlich (freigesetzt aus Lipidvorstufen)
- 2-Ethyl-3-methylpyrazin: nussig, röstig (bildet sich während des Mahlens)
- 3-Methyl-2-buten-1-thiol: seegrasartig, leicht schwefelig, charakteristisch für japanische Matchas
Manche Substanzen werden durch das Mahlen einfach nur "zugänglicher" andere Substanzen entstehen erst beim Mahlen aus Abbauprozessen von Aminosäuren, Fettsäuren oder Carotinoiden und prägen die typischen Noten von Umami, Seegras und Röstung. Matcha unterscheidet sich deshalb nicht nur durch seine feine Struktur von ungemahlenem Grüntee. Beim Mahlen wird der Tee auch chemisch aktiviert und erhält seine charakteristische Tiefe im Geschmack und Duft.
Quelle: Luo, Y., Zhang, Y., Qu, F., Wang, P., Gao, J., Zhang, X. und Hu, J. (2022). Characterization of the key aroma compounds of Shandong Matcha using HS-SPME-GC/MS and SAFE-GC/MS. Foods, 11(19), 2964. https://doi.org/10.3390/foods11192964
Wie wirkt sich das Mahlverfahren auf den Geschmack des Matcha aus?
Das Mahlverfahren hat einen erheblichen Einfluss auf den Geschmack und das Aroma von Matcha. In einer Studie von Huang et al. (2022) wurden mit Granit-Steinmühle, Kugelmühle (auch Ball Mill oder Bead Mill genannt) und Zyklonmühle (auch Jet Mill genannt) drei gängige Mahlverfarhen von Matcha miteinander verglichen. Die Unterschiede in Partikelgröße, Oberflächenstruktur und chemischer Zusammensetzung führten zu klar unterscheidbaren Geschmacksprofilen:
- Bead-milled Matcha (Ball Mill): „fishy“ Note, vermutlich durch Oxidation flüchtiger Aromastoffe
- Cyclone-milled Matcha (Jet Mill): „leafy“ Geschmack, grün, grasig, frisch
- Stone-milled Matcha: „roasty“ und harmonisch, rundes, ausgewogenes Aroma mit sanftem Umami
Das Ergebnis zeigt: Das traditionelle Steinmahlverfahren bleibt unübertroffen, wenn es um feine, gleichmäßige Partikel, stabile Aromen und ein harmonisches Geschmacksprofil geht. Moderne Verfahren wie Jet- oder Bead-Milling ermöglichen zwar eine schnellere Verarbeitung, beeinträchtigen jedoch die sensorische Qualität spürbar.
Quelle: Huang, Y., Goh, R. M. V., Pua, A., Liu, S. Q., Sakumoto, S., Oh, H. Y., Ee, K. H., Sun, J., Lassabliere, B., & Yu, B. (2022). Effect of three milling processes (cyclone-, bead- and stone-millings) on the quality of matcha: Physical properties, taste and aroma. Food Chemistry, 372, 131202. https://doi.org/10.1016/j.foodchem.2021.131202
Unterschiede der Mahlverfahren
Je nach Mahlverfahren unterscheiden sich Partikelgröße, Struktur und chemische Zusammensetzung deutlich. Diese Unterschiede beeinflussen Geschmack, Mundgefühl und Extraktionseffizienz.
- Ceramic Mill: Erzeugt die feinsten und gleichmäßigsten Partikel (Median 15,0 µm). Sie ist eine technische Nachbildung der traditionellen Granitmühle (Ishi-usu) mit vergleichbarem Ergebnis. Durch die hohe Scherwirkung entstehen sehr feine, gleichmäßige Partikel, die im Aufguss für eine cremige, dichte Textur und intensiveres Umami sorgen. Die Autoren der Studie betonen, dass Teepulver aus der Ceramic Mill ähnliche Eigenschaften wie traditionell mit Granitmühlen hergestelltes Matcha-Pulver zeigt.
- Ball Mill: Erzeugt gröbere, weniger homogene Partikel (23,0 µm). Die geringere Oberflächenaktivität führt zu einem flacheren, weniger dichten Mundgefühl und einem schwächeren Körper im Geschmack.
- Mixer: Gemeint ist ein einfacher Hochgeschwindigkeitsmixer, kein Jet-Mill. Er zerkleinert die Blätter ungleichmäßig, wodurch faserige Partikel (31,8 µm) entstehen. Das Ergebnis ist ein eher grasiger, unruhiger Geschmack mit weniger Umami und feiner Bitterkeit.
Zum Vergleich: Gesiebter Blattaufguss lag bei 49,2 µm Median. Eine größere Oberfläche erhöht die Extraktion von Catechinen, Aminosäuren und Koffein, was sich direkt auf Intensität und Geschmack auswirkt.
Einordnung: Die feinere Mahlung steigert nicht nur den Gehalt an EGCG und Polyphenolen, sondern auch die wahrnehmbare Dichte, Cremigkeit und Balance von Süße, Bitterkeit und Umami. Zu grob oder zu heiß gemahlener Tee verliert dagegen an Komplexität und wirkt herber oder stumpfer im Nachgeschmack. Die Studie schließt mit dem Fazit, dass das mit der Ceramic Mill gemahlene Teepulver der traditionellen Steinmühlen-Mahlung am nächsten kommt und die höchste Extraktion bioaktiver Inhaltsstoffe ermöglicht.
Quelle: Fujioka, K., Iwamoto, T., Shima, H., Tomaru, K., Saito, H., Ohtsuka, M., Yoshidome, A., Kawamura, Y., und Manome, Y. (2016). The powdering process with a set of ceramic mills for green tea promoted catechin extraction and the ROS inhibition effect. Molecules, 21(4), 474. https://doi.org/10.3390/molecules21040474
Einfach erklärt: Was bedeutet das für Geschmack und Textur?
Kleine, gleichmäßige Partikel lösen sich besser. Das ergibt eine cremige, dichte Textur, weniger Sandigkeit und ein runderes Aroma mit mehr Umami. Gröbere, ungleichmäßige Partikel schmecken schneller bitter und wirken rau auf der Zunge. Partikelgröße und Mahlschonung sind deshalb sensorisch wichtig, nicht nur chemisch.
Praxis: so wählst du deinen Matcha
Wenn du Matcha pur trinken willst, wähle eine Sorte, die fein und schonend gemahlen ist und sensorisch harmonisch wirkt. Für Milchgetränke brauchst du ein kräftiges Pulver, das sich in Milch durchsetzt.
Mehr Hintergrund findest du hier: Ratgeber zum Matcha kaufen. Für Rezepte mit Milch schau hier: Welcher Matcha für Matcha Latte. Zur Wirkung im Training und Stresskontext lies: Matcha Tee und Cortisol.
Fazit
Die Studie zeigt klar: Das Mahlverfahren prägt Partikelgröße, Extraktion und antioxidative Aktivität. Ceramic Mill (vergleichbar mit Granitmühlen) schnitt bei der Feinheit am besten ab, Ball Mill und Mixer lagen darüber. Mehr EGCG und höhere ROS-Hemmung sind messbar. Für den Alltag heißt das: achte auf schonend gemahlenes, feines Pulver. Das schmeckt besser und liefert mehr von dem, was Matcha besonders macht.