Japanische Teezeremonie: 100 Gedichte von Rikyū
Chanoyu (茶の湯), auch bekannt als die japanische Teezeremonie, ist eine kunstvolle Praxis der Zubereitung und des Genusses von Matcha-Tee, die tief in der japanischen Kultur und Ästhetik verwurzelt ist. Diese Zeremonie ist weit mehr als das einfache Trinken von Tee – sie verkörpert Philosophie, Ästhetik und eine bestimmte Art der Lebensführung, die auf Schlichtheit, Achtsamkeit und Harmonie basiert.
Die Praxis entwickelte sich im 15. und 16. Jahrhundert in Japan und wurde maßgeblich durch den Teemeister Sen no Rikyū beeinflusst, der die Kunst des Wabi-cha etablierte, welche Einfachheit, Natürlichkeit und das Bewusstsein für die Vergänglichkeit des Lebens betont. Die Teezeremonie umfasst nicht nur die Zubereitung von Tee, sondern auch das Arrangieren von Utensilien, die Gestaltung des Teeraums und die Interaktion zwischen Gastgeber und Gästen. Die vier Grundprinzipien der Teezeremonie sind:
- Wa (Harmonie): Harmonie zwischen Gastgeber, Gästen und der Umgebung.
- Kei (Respekt): Respekt gegenüber allen Teilnehmern und den Gegenständen.
- Sei (Reinheit): Physische und geistige Reinheit in der Vorbereitung und Durchführung.
- Jaku (Stille): Innerer Frieden und Ruhe, die durch die Zeremonie erreicht werden.
Die Zeremonie folgt festgelegten Bewegungen und Ritualen, vom Anzünden des Kohlenfeuers bis zum Schlagen des Matcha mit einem Bambusbesen (Chasen). Sie ist eine Gelegenheit, den Augenblick voll auszukosten und durch einfache Handlungen innere Ruhe zu finden.
Chanoyu oder Chadō?
Die Begriffe Chado (茶道) und Cha-no-yu (茶の湯) werden oft synonym verwendet, doch sie haben leicht unterschiedliche Bedeutungen. Während Cha-no-yu wörtlich „heißes Wasser für Tee“ bedeutet und sich auf die eigentliche Teezeremonie bezieht, umfasst Chado – „der Weg des Tees“ – die spirituelle Praxis und Philosophie dahinter. In einem Chado-Ritual sind Ästhetik und inneres Bewusstsein gleichermaßen wichtig, und es zielt darauf ab, durch Schlichtheit, Respekt und Achtsamkeit Harmonie mit der Natur zu finden. Der Ablauf einer Teezeremonie folgt einem klar strukturierten Plan, der den Teilnehmern die Möglichkeit bietet, innere Ruhe zu erleben und den Geist des Tees zu erfassen.
Typischer Ablauf einer japanischen Teezeremonie
1. Begrüßung und Eintritt ins Teehaus
Die Gäste betreten das Teehaus durch einen niedrigen Eingang (nijiriguchi), der Demut symbolisiert, und reinigen Hände und Mund an einem Wasserbecken (tsukubai) als Zeichen von Reinheit. Die Begrüßung erfolgt mit einer Verbeugung, die den Respekt gegenüber dem Gastgeber und der Zeremonie zeigt.
2. Kaiseki-Mahlzeit
Bei einer formellen Zeremonie (chaji) beginnt das Ritual oft mit einem einfachen Kaiseki-Mahl, das der Gastgeber serviert. Diese Speisen sollen den Magen beruhigen und die Gäste auf die Zeremonie einstimmen. Das Mahl verläuft in ruhiger Atmosphäre, mit minimaler Konversation und größter Achtsamkeit.
3. Kohlenritual
Nach dem Kaiseki wird das Kohlenbecken vorbereitet, um Wasser zu erhitzen. Der Gastgeber platziert die Kohlen in einem bestimmten Muster, das die Wärme gleichmäßig verteilen soll. Dieser Moment ist meditativ und symbolisiert die Bedeutung der Vorbereitung und des Rituals selbst.
4. Zubereitung und Servieren des dicken Tees (Koicha)
Die Gäste kehren in den Teeraum zurück, wo der Gastgeber den Koicha, den dicken Matcha-Tee, zubereitet. Der Tee wird in einer Schale serviert, die nacheinander von den Gästen geteilt wird. Dabei wird die Schale im Uhrzeigersinn gedreht, um Respekt vor dem Gastgeber und der „schönen Seite“ des Chawan auszudrücken.
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5. Zubereitung und Servieren des dünnen Tees (Usucha)
Nach dem Koicha bereitet der Gastgeber den Usucha zu, den dünnen Tee, der jedem Gast in einer eigenen Schale serviert wird. Hierbei wird der Matcha-Tee mit dem Chasen sanft aufgeschlagen, was zu einer samtigen Textur führt und das Grün des Tees betont.
6. Gespräch und Abschluss
Zum Abschluss der Zeremonie betrachten die Gäste die Utensilien in einem Ritual, das Haiken genannt wird. Sie können Fragen zum Herkunftsort der Schalen, zur Symbolik und zum Design der Werkzeuge stellen. Nach dem Austausch von Dankesbekundungen und einer abschließenden Verbeugung verabschieden sich die Gäste respektvoll.
Chanoyu to wa - von Elmar Schmeisser
Eine exzellente Quelle zur japanischen Teezeremonie (Chanoyu) ist der Blog Chanoyu to wa (zu Deutsch "Was ist Chanoyu?") von Elmar Schmeisser, der die Teezeremonie, seit 1971 in Japan und den USA studiert und sich dabei auf die Schriften aus der Zeit von Sen no Rikyū konzentriert.
Schmeisser stellt klar, dass die Sammlung der Hundert Gedichte von Chanoyu (茶の湯百首) oft fälschlicherweise als Hundert Gedichte von Rikyū (利休百首) bezeichnet wird. Tatsächlich wurden die Gedichte aber von Takeno Jōō (武野紹鷗), einem Meister des Tees und klassisch ausgebildeten Dichter, verfasst. Die Gedichte dienten schon damals als Hilfsmittel, um den Schülern die Regeln des Chanoyu während ihres Lernprozesses zu vermitteln.
Es gibt mehrere Versionen der Gedichte, die im Laufe der Zeit mit unterschiedlichen Varianten und Ergänzungen weitergegeben wurden. Einige dieser Varianten stammen tatsächlich vom bedeutendsten Teemeister Sen no Rikyū persönlich. Obwohl Rikyū also einige Verse hinzugefügt hat, rechtfertigt dies nicht, die Autorschaft der Gedichte allein ihm zuzuschreiben.
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Glossar: Wichtige Begriffe der Teezeremonie
- Chanoyu: Die japanische Teezeremonie, wörtlich „heißes Wasser für Tee“. Eine kunstvolle Praxis der Zubereitung und des Genusses von Matcha-Tee.
- Chawan: Die Teeschale, aus der der Tee getrunken wird. Verschiedene Formen und Größen, angepasst an Teeart und Jahreszeit.
- Chakin: Ein Tuch, das zur Reinigung der Teeschale verwendet wird und oft aus weißer Baumwolle besteht.
- Chashaku: Ein Bambuslöffel, der verwendet wird, um Matcha aus dem Behälter in die Teeschale zu schöpfen.
- Chasen: Ein Bambusbesen, der verwendet wird, um den Matcha in der Teeschale schaumig zu schlagen und gleichmäßig zu vermischen.
- Natsume: Ein lackiertes Gefäß für Matcha, typischerweise bei der Zubereitung von Usucha (leichtem Tee) verwendet.
- Chaire: Ein kleines, oft keramisches Gefäß für Matcha, das in der Zubereitung von Koicha (dickem Tee) Verwendung findet.
- Mizusashi: Ein Behälter für frisches Wasser, das in der Teezeremonie verwendet wird. Das kalte Wasser wird daraus in den Kessel gegeben.
- Fukusa: Ein Seidentuch, das zur Reinigung und Handhabung der Teeutensilien verwendet wird. Es repräsentiert auch die Wertschätzung und Respekt für die Utensilien.
- Hishaku: Ein Bambuslöffel mit langem Stiel, der zum Schöpfen von heißem Wasser aus dem Kessel verwendet wird.
- Kama: Ein Kessel, der für das Erhitzen des Wassers verwendet wird, ein zentrales Element der Teezeremonie.
- Furo: Ein tragbarer Ofen, der vor allem im Sommer für die Teezeremonie verwendet wird, wenn kein eingebauter Herd vorhanden ist.
- Irori: Eine in den Boden eingelassene Feuerstelle, traditionell im Winter verwendet, um das Wasser im Kessel zu erhitzen.
- Gotoku: Ein dreibeiniger Ständer, der den Kama über der Feuerstelle hält und für Stabilität sorgt.
- Shaku (尺): Eine traditionelle japanische Längeneinheit, etwa 30,3 cm, oft verwendet, um die Maße in der Teezeremonie zu beschreiben.
- Sun (寸): Eine kleinere Längeneinheit, ein Zehntel eines Shaku, ca. 3 cm, häufig zur Präzisierung in der Teepraxis genutzt.
- Bu (分): Eine noch kleinere Maßeinheit, ein Zehntel eines Sun, etwa 0,3 cm.
- Tatami: Ein traditioneller japanischer Bodenbelag aus Reisstroh, der oft den Boden des Teeraums bedeckt und eine Atmosphäre der Ruhe schafft.
- Kakemono: Eine hängende Schriftrolle, die in der Tokonoma (Alkove) des Teeraums ausgestellt wird und eine wichtige Rolle in der Ästhetik und Stimmung der Zeremonie spielt.
- Tokonoma: Eine Nische in traditionellen japanischen Räumen, in der Kunstwerke und Blumengestecke präsentiert werden, symbolisiert Gastfreundschaft.
- Meibutsu: Ein wertvolles oder berühmtes Objekt, das eine besondere Bedeutung hat, oft ein geschätztes Teeutensil mit einer besonderen Geschichte.
- Temae: Der Ablauf und die Technik der Teezeremonie, die alle Bewegungen und Rituale umfasst, die für die Zubereitung des Tees erforderlich sind.
- Maki-e: Eine japanische Lackkunst, bei der Gold- oder Silberstaub auf Lack aufgetragen wird, oft zur Dekoration von Teedosen und anderen Utensilien.
- Usucha: Leichter, dünner Tee, der mit Matcha und Wasser in einer flüssigeren Konsistenz zubereitet wird und häufiger im Alltag getrunken wird.
- Koicha: Dickflüssiger, konzentrierter Tee, der aus einer größeren Menge Matcha und weniger Wasser zubereitet wird und bei besonderen Anlässen serviert wird.
Die 100 Gedichte von Sen no Rikyū
Hier sind alle Verse die als "100 Gedichte von Sen no Rikyū" bekannt sind, jeweils mit einer Deutschen Übersetzung und einer kurzen Interpreation.
1 其の道に入らんと思う心こそ、我が身ながらの師匠なりけ
Der Entschluss, diesen Weg zu betreten, ist dein eigener Lehrer.
Dieser Vers betont, dass der eigene Entschluss, den Weg des Chanoyu zu gehen, der wahre Lehrer ist. Es ist unsere innere Motivation und der Wunsch, den Pfad zu beschreiten, die uns leiten und lehren.
In dieser Lehre liegt der Gedanke, dass wahres Lernen von innen kommt und dass der Fortschritt auf Selbstreflexion und Achtsamkeit beruht. Sie erinnert uns daran, dass der wahre Antrieb für Wachstum und Erkenntnis aus uns selbst kommen muss, sowohl im Teemeistertum als auch im täglichen Leben.
2 習いつつ見てこそ習え、習わずに善し惡し言うは愚かなりけり
Lerne, indem du beobachtest und übst; es ist töricht, ohne Erfahrung über richtig und falsch zu urteilen.
Dieser Vers betont die Wichtigkeit des Lernens durch Beobachtung und Erfahrung. Im Chanoyu liegt die Weisheit darin, still zuzuschauen und durch Nachahmung zu lernen. Urteile über Dinge zu fällen, die man selbst noch nicht erlebt oder verstanden hat, wird als unklug betrachtet.
Diese Lehre fordert auch im Alltag dazu auf, Geduld zu üben und sich dem Lernen mit Achtsamkeit und Offenheit zu widmen. Erst durch direkte Erfahrung können wahre Einsichten gewonnen werden, was uns davor bewahrt, voreilige Schlüsse zu ziehen.
3 一手前立る內には善し惡しを、有無の心の分かちをも知る
Während der Durchführung des Tee-Rituals solltest du dich nicht mit Richtig oder Falsch beschäftigen.
Dieser Vers lehrt, dass man sich während des Chanoyu nicht in Bewertungen von „richtig“ oder „falsch“ verlieren sollte. Die Praxis des Chanoyu betont die volle Konzentration auf den Moment und das Loslassen von Urteilen. Es geht darum, die Dinge so zu akzeptieren, wie sie sind, ohne ständige Selbstkritik oder Perfektionismus.
Diese Haltung kann auch auf das tägliche Leben übertragen werden: Anstatt ständig über Erfolge und Misserfolge nachzudenken, sollte man sich auf das Hier und Jetzt konzentrieren. Das Akzeptieren des gegenwärtigen Moments fördert innere Ruhe und Ausgeglichenheit – eine Essenz der Gelassenheit, die im Chanoyu und darüber hinaus gilt.
4 恥じを捨て人に物問い習うべし、是ぞ上手の基なりける
Lass deine Scham los und frage andere, um zu lernen.
Dieser Vers fordert dazu auf, den Stolz abzulegen und sich nicht durch Scham daran hindern zu lassen, von anderen zu lernen. In der Teezeremonie, wie auch im Leben, ist die Bereitschaft, Fragen zu stellen und Hilfe anzunehmen, der erste Schritt zur wahren Meisterschaft. Indem man sich für das Lernen öffnet, überwindet man die Barrieren des Egos und entwickelt wahre Fähigkeiten.
Diese Haltung ist auch im Alltag von Bedeutung: Nur wer bereit ist, Unwissenheit zuzugeben und Rat einzuholen, kann wirklich wachsen. Diese Offenheit und Demut ermöglichen es, kontinuierlich zu lernen und zu verbessern. Fortschritt entsteht durch den Mut, Fragen zu stellen und immer wieder Neues anzunehmen, ohne sich durch Scham oder Eitelkeit zurückhalten zu lassen.
5 手前には弱みを捨てて、只强くされど風俗卑やしさを去れ
In deinem Ritual sollten innere Unsicherheiten abgelegt werden.
Im Chanoyu liegt wahre Stärke darin, innere Unsicherheiten und Zögern abzulegen und mit ruhiger Bestimmtheit zu handeln. Doch diese Stärke ist keine äußerliche Härte oder Dominanz. Stattdessen wird wahre Kraft durch Gelassenheit und Achtsamkeit erreicht, die sich in einer würdevollen und kontrollierten Ausführung widerspiegeln. Es geht darum, Entschlossenheit zu zeigen, ohne grob oder unhöflich zu wirken.
Diese Haltung lässt sich auf das tägliche Leben übertragen: Echte Stärke zeigt sich in der Fähigkeit, Unsicherheiten zu überwinden und mit Ruhe und Selbstbewusstsein zu handeln. In einer Welt, die oft äußeren Erfolg und Durchsetzungskraft betont, lehrt uns diese Regel, dass wahre Stärke aus innerer Ruhe, Kontrolle und Achtsamkeit entsteht.
6 茶の手前 物靜かにと、聞く物を麤相に何故し人は誤り
Während du Tee zubereitest, konzentriere dich leise und lass dich nicht ablenken.
Im Chanoyu ist Stille nicht nur eine äußere Ruhe, sondern eine tiefe innere Fokussierung, die es ermöglicht, jede Handlung bewusst und mit Achtsamkeit auszuführen. Ablenkungen führen zu groben, unbedachten Bewegungen, die ein Zeichen mangelnder Achtsamkeit sind. Der wahre Fehler liegt nicht in kleinen Unvollkommenheiten, sondern in der Zerstreuung des Geistes.
Im Alltag erinnert uns diese Weisheit daran, dass Ablenkungen und Multitasking uns von der Qualität unserer Handlungen entfernen. Die Fähigkeit, vollkommen präsent zu sein, führt nicht nur zu besseren Ergebnissen, sondern lässt uns auch die Tiefe und den Wert des Moments spüren. Es ist eine Aufforderung, den Lärm des Lebens auszublenden und jede Handlung mit Klarheit und Ruhe zu vollziehen.
7 志し深き人には幾度も哀れみ深く奧ぞ敎うる
Wer mit tiefer Ambition nach Weisheit strebt, wird immer wieder durch die Empathie anderer zu tiefen Einsichten geleitet.
Dieser Vers betont die Wichtigkeit, von einem Meister oder Mentor mit tiefem Verständnis und Erfahrung zu lernen. Solche Lehrer können ihre Weisheit kontinuierlich auf neue und tiefere Weisen teilen. Die ständige Auseinandersetzung mit diesen Lehren fördert die eigene Entwicklung und das Verständnis für die Feinheiten des Chanoyu.
Im Leben bedeutet dies, dass das wahre Lernen nie endet und durch Demut sowie den beständigen Austausch mit anderen vertieft wird. Die Bereitschaft, von jenen zu lernen, die eine tiefe Verbindung zu ihrem Handwerk haben, ermöglicht uns, auf unserem eigenen Weg zur Meisterschaft voranzukommen. Diese Weisheit gilt sowohl im Chanoyu als auch im Alltag.
8 稽古とは一より習い十を知れ、十より歸る元の其の一
Beginne mit den Grundlagen und kehre nach dem Erlernen des Ganzen zu den Grundlagen zurück.
Dieser Vers betont den Kreislauf des Lernens: Zuerst müssen die Grundlagen gemeistert werden, dann kommt das Verständnis des Komplexen. Doch am Ende führt der Weg immer wieder zur Einfachheit der Grundlagen zurück. Im Chanoyu bedeutet dies, dass jede Stufe der Meisterschaft auf den Grundprinzipien aufbaut und der Weg zur Perfektion in der Rückkehr zur Einfachheit liegt.
Im Leben zeigt sich, dass wahre Meisterschaft darin besteht, nicht nur das Komplexe zu beherrschen, sondern auch die Einfachheit zu schätzen. Es ist ein ständiges Verfeinern und Wiederentdecken des Wesentlichen, ein immerwährendes Streben nach Klarheit und Verständnis.
9 何にても置き付け歸る手離れば、戀人に別れると知れ
Lege jedes Objekt sanft ab, als würdest du dich von einem Geliebten verabschieden.
Dieser Vers betont die Achtsamkeit und Sorgfalt, mit der jedes Utensil im Chanoyu behandelt werden sollte. Indem man jedes Objekt sanft und bewusst ablegt, wird eine tiefe Wertschätzung für dessen Bedeutung und Vergänglichkeit ausgedrückt.
Es erinnert uns daran, im täglichen Leben ebenso achtsam und respektvoll mit den Dingen umzugehen, seien es Gegenstände, Momente oder Beziehungen. Durch diese bewusste Haltung wird jeder Akt zu einem Ausdruck von Respekt und Bewusstsein für das, was uns umgibt.
10 鈍る とは手續き早く又遲く、所々の揃わぬを云う
Wenn die Bewegungen mal schnell und mal langsam sind, nennt man das 'stumpf'.
Im Chanoyu ist der Fluss der Bewegungen entscheidend. Wenn das Tempo unregelmäßig ist, entsteht Disharmonie. Diese Regel betont, dass wahre Meisterschaft nicht nur in technischer Präzision liegt, sondern im harmonischen, fließenden Rhythmus, der Achtsamkeit und Präsenz widerspiegelt.
Im Alltag lehrt uns dieser Grundsatz, dass Gleichgewicht und Konsistenz in unseren Handlungen wichtig sind, um innere Ruhe und äußere Harmonie zu bewahren. Unregelmäßigkeit oder Hast führt zu Unzufriedenheit und Unruhe – das Geheimnis liegt darin, den natürlichen Rhythmus zu finden und diesem zu folgen.
11 手前には强味ばかりを思うなよ、强きは弱く輕く重かれ
Wenn du dich in deinem Tee-Ritual nur auf Stärke konzentrierst, wird diese "Stärke" als Schwäche oder Mangel an Würde erscheinen.
Im Chanoyu ist wahre Stärke nicht mit Härte oder Aggressivität gleichzusetzen. Eine Überbetonung von Macht oder Stärke kann das Ritual und die Atmosphäre negativ beeinflussen, indem sie eine Spannung oder ein Ungleichgewicht erzeugt. Stattdessen bedeutet Stärke im Kontext der Teezeremonie, Kontrolle zu bewahren und gleichzeitig mit Leichtigkeit und Würde zu handeln. Es geht darum, sanft, aber bestimmt zu sein, ohne die Harmonie des Raumes oder der Anwesenden zu stören. Diese Art von Stärke ist nicht aggressiv, sondern subtil und ruhig – sie zeigt sich in der bewussten und gelassenen Durchführung jedes Schrittes. Diese innere Ruhe lässt sich auch im Alltag anwenden, wo wahre Stärke oft im Loslassen von Dominanz und der Fähigkeit zur Anpassung liegt.
12 手前には重いを輕く、輕いをば重く扱う 味わいを知れ
Schwere Dinge sollten leicht und leichte Dinge schwer behandelt werden.
Diese Weisheit spielt auf die Achtsamkeit an, die in jeder Handlung des Chanoyu erforderlich ist. Selbst ein schwerer Gegenstand sollte so gehandhabt werden, dass er mühelos erscheint, während ein leichter Gegenstand mit der Sorgfalt und Aufmerksamkeit behandelt wird, die er verdient. Diese Balance verdeutlicht den Sinn für Harmonie im Ritual, wo es nicht nur um die physische, sondern auch um die mentale Kontrolle geht. Alles wird mit der gleichen Würde und Achtung behandelt, was zeigt, dass die Wertschätzung im Detail liegt, unabhängig von der Größe oder dem Gewicht eines Gegenstands. Diese Art des achtsamen Umgangs mit Gegenständen erinnert uns im Alltag daran, dass selbst die kleinsten und vermeintlich leichtesten Aufgaben Respekt und Aufmerksamkeit verdienen.
13 何にても道具扱う度ごとに、取る手は輕く置く手重かれ
Nimm jedes Utensil leicht auf, aber setze es fest ab.
Diese Regel verdeutlicht den achtsamen Umgang mit den Teeutensilien. Beim Aufnehmen eines Gegenstands sollte man dies sanft und mühelos tun, fast so, als ob es keine Anstrengung erfordert. Doch beim Ablegen wird der Gegenstand mit Bestimmtheit und Stabilität platziert. Diese Praxis ist ein Ausdruck von Kontrolle und Achtsamkeit – sie zeigt, wie wichtig es ist, sowohl in der Bewegung als auch in der Ruhe Balance zu finden. Im Leben lässt sich dies auf den Umgang mit Aufgaben und Beziehungen übertragen: Manchmal erfordert es Leichtigkeit, Dinge zu beginnen, aber eine klare Bestimmtheit, sie zu vollenden.
14 茶を振るは手先を振ると思うなよ肘より振れよ、それが秘事也
Bewege beim Aufschlagen des Tees nicht die Finger, sondern den Ellbogen.
Beim Chanoyu, der Teezeremonie, ist das Aufschlagen des Tees mit dem Chasen (Bambusbesen) eine zentrale Handlung. Der Einsatz des Ellbogens statt der Finger sorgt für eine gleichmäßigere und stabilere Bewegung. Dadurch wird der Tee nicht nur präzise aufgeschlagen, sondern die gesamte Haltung des Körpers wirkt ruhiger und kontrollierter. Diese Technik reflektiert die tiefere Philosophie des Chanoyu: Es sind oft die subtilen, unscheinbaren Details, die wahre Meisterschaft ausmachen.
Auch im Alltag erinnert uns diese Regel daran, dass nicht immer Kraft oder Mühe zum Erfolg führen, sondern die richtige Technik und Kontrolle. So wie der Ellbogen den Tee sanft und gleichmäßig aufschlägt, können wir in unseren Handlungen durch die richtige Herangehensweise Harmonie und Effizienz erreichen.
15 餘所などに花を贈らば、其の花は開き過ぎしを遣らぬ物也
Bringe keine Blumen, deren Blütezeit bereits vorbei ist.
Im Chanoyu spielt die Auswahl der Blumen eine wichtige Rolle, da sie den Geist des Moments widerspiegeln. Blumen, deren Blüte bereits vergangen ist, symbolisieren die Vergänglichkeit und das Verpassen des richtigen Augenblicks. In der Teezeremonie sollen frische, blühende Blumen verwendet werden, um die Schönheit des gegenwärtigen Augenblicks zu betonen und die Vergänglichkeit zu würdigen. Diese Achtsamkeit gegenüber der Natur und ihrem Zyklus lehrt uns, auf den richtigen Zeitpunkt zu achten und ihn nicht verstreichen zu lassen.
Im Alltag erinnert uns diese Regel daran, Gelegenheiten zu ergreifen, solange sie frisch und relevant sind. Die Vergänglichkeit, die uns durch die Natur immer wieder gezeigt wird, sollte nicht als Verlust, sondern als Erinnerung daran verstanden werden, den gegenwärtigen Moment voll auszukosten und zu schätzen, bevor er vorbei ist. Es ist eine Lektion, die uns lehrt, den Wert des Augenblicks zu erkennen und im richtigen Moment präsent zu sein.
16 花入の折釘打つは地敷居より三尺三寸五分餘も有り
Der Haken für das Aufhängen einer Blumenvase sollte drei Shaku, drei Sun und fünf Bu über dem Boden angebracht werden.
Im Chanoyu wird selbst die exakte Höhe, in der eine Blumenvase aufgehängt wird, mit größter Sorgfalt bestimmt. Ein Shaku entspricht etwa 30 cm, ein Sun etwa 3 cm, und ein Bu ist etwa 0,3 cm. Insgesamt liegt die Höhe des Hakens bei ca. 101 cm über dem Boden. Diese präzise Regel zeigt, dass jedes Detail im Raum, einschließlich der Höhe, in der Gegenstände aufgehängt werden, Teil der Gesamtkomposition ist, die Harmonie und Ausgewogenheit schaffen soll.
Im Alltag erinnert uns diese Regel daran, dass selbst scheinbar unbedeutende Details eine große Wirkung haben können. Die Beachtung von Proportionen und die Sorgfalt bei der Gestaltung eines Raums oder einer Situation tragen wesentlich zur Schaffung von Harmonie bei. Die Lehre des Chanoyu zeigt uns, dass wahre Schönheit oft in der Detailgenauigkeit liegt, sei es in der Kunst des Tees oder in der Art und Weise, wie wir unser tägliches Leben gestalten.
17 花入に大小あらば見合せよ、曲尺を外して 打つが曲尺也
Falls die Blumenvase besonders groß oder klein ist, bestimmt der Ort, an dem der Haken angebracht wurde, die richtige Position.
Im Chanoyu spielt die Platzierung von Objekten wie der Blumenvase eine entscheidende Rolle für das Gleichgewicht im Raum. Wenn die Vase besonders groß oder klein ist, muss ihre Position sorgfältig bestimmt werden, indem man auf den Haken achtet, an dem sie aufgehängt wird. Dieser Haken gibt die richtige Position vor, um die Proportionen im Raum zu wahren. Im Zentrum steht hier das Konzept der Harmonie zwischen Form und Raum.
Diese Regel erinnert uns im täglichen Leben daran, wie wichtig es ist, ein ausgewogenes Verhältnis zu wahren – sei es in der Gestaltung von Räumen oder in zwischenmenschlichen Beziehungen. Wie im Chanoyu zeigt uns diese Lehre, dass wir durch Achtsamkeit und bewusste Anpassung ein harmonisches Gleichgewicht schaffen können, das sowohl für uns selbst als auch für andere wohltuend ist.
18 三幅の軸を掛けるは、中を掛け、軸先を掛け、次に軸本
Wenn ein Set aus drei Schriftrollen aufgehängt wird, hänge zuerst die mittlere, dann die erste und schließlich die letzte Rolle.
Im Chanoyu spielt die Reihenfolge eine wichtige Rolle, besonders bei der Präsentation von Kunstwerken im Tokonoma (die Nische für Schriftrollen und Kunst). Ein Set von drei Schriftrollen muss in einer bestimmten Reihenfolge aufgehängt werden: zuerst die mittlere, dann die erste und zuletzt die letzte. Dies reflektiert das Streben nach *Ordnung* und *Harmonie*, das in der Teezeremonie zentral ist. Durch diese Struktur entsteht ein natürlicher Fluss, der die ästhetische und spirituelle Erfahrung der Zeremonie unterstützt.
Auch im Alltag zeigt uns diese Regel, dass es oft einen natürlichen Ablauf von Handlungen oder Entscheidungen gibt, der zu einem harmonischen Ergebnis führt. Indem wir die richtige Reihenfolge einhalten, schaffen wir Struktur und fördern ein Gleichgewicht, das sowohl für uns selbst als auch für unser Umfeld spürbar ist.
19 掛物を掛けて置くには 壁付を三 四分透し置く事と聞く
Beim Aufhängen einer Schriftrolle sollte ein Abstand von drei bis vier Bu zwischen ihr und der Wand gelassen werden.
Ein Bu ist eine japanische Maßeinheit, die etwa 0,3 cm entspricht. Der Abstand von drei bis vier Bu (ca. 1 bis 1,2 cm) zwischen der Schriftrolle und der Wand schafft eine subtile Tiefe, die der Schriftrolle visuelle Leichtigkeit verleiht. Diese Präzision in der Platzierung bewahrt die Balance und Harmonie im Teeraum und spiegelt die ästhetische Zurückhaltung des Chanoyu wider. Die Lücke lässt den Raum um das Kunstwerk atmen, was eine wichtige Rolle in der japanischen Raumgestaltung spielt, um eine Atmosphäre der Stille und Einfachheit zu fördern.
20 湯を汲まば 柄杓に心 月の輪 の損ねぬように覺悟して汲め
Wenn du heißes Wasser schöpfst, achte darauf, den Hishaku so zu handhaben, dass du den „Mondkreis“ auf dem Wasser nicht zerstörst.
Der Hishaku ist eine traditionelle Bambuskelle, die in der Teezeremonie zum Schöpfen von heißem Wasser verwendet wird. Der „Mondkreis“ (月の輪, Tsuki no wa), der durch das Eintauchen des Hishaku ins Wasser entsteht, steht symbolisch für Harmonie und Perfektion. Diese Regel betont, dass man beim Schöpfen des Wassers mit äußerster Präzision und Ruhe vorgehen sollte, um die Harmonie des Augenblicks nicht zu stören. Die achtsame Handhabung des Hishaku symbolisiert nicht nur den Respekt für die Utensilien, sondern auch eine tiefe Verbundenheit mit der Natur und den Bewegungen im Ritual. Jeder Schritt in der Teezeremonie soll den Geist zur Ruhe bringen und die Bedeutung des Moments verdeutlichen.
21 柄杓にて湯を汲む時の習には、三の心得 有物ぞ可し
Wenn du den Hishaku benutzt, um heißes Wasser zu schöpfen, beachte die drei grundlegenden Prinzipien, die befolgt werden sollten.
Der Hishaku ist eine Bambuskelle, die in der Teezeremonie zum Schöpfen von heißem Wasser verwendet wird. Die Handhabung des Hishaku folgt drei überlieferten Grundsätzen (San no Kokoroe):
- Das Schöpfen des Wassers: Halte den Hishaku ruhig und stabil, während du das Wasser schöpfst. Dies symbolisiert innere Ruhe und Klarheit im Geist. Das Schöpfen sollte gleichmäßig und ohne Hektik erfolgen, um den harmonischen Fluss des Wassers zu bewahren.
- Der Übergang zum Teegefäß: Achte darauf, dass das Wasser sanft und ohne Spritzer in die Schale gegossen wird. Die fließende Bewegung des Gießens spiegelt Reinheit und Achtsamkeit wider, die im Moment präsent sein sollten.
- Das Ablegen des Hishaku: Nachdem das Wasser eingegossen wurde, wird der Hishaku sorgfältig abgelegt. Die Kelle sollte in einer eleganten Position ruhen, um den Kreis der Handlung harmonisch abzuschließen.
Diese drei Prinzipien gewährleisten eine gleichmäßige, respektvolle und ästhetisch ansprechende Durchführung der Teezeremonie. Sie spiegeln die Philosophie wider, dass selbst einfache Handlungen, wie das Schöpfen von Wasser, mit höchster Achtsamkeit und Perfektion ausgeführt werden sollten, um die Harmonie zwischen Gastgeber, Utensilien und Gästen zu wahren.
22 品々の釜によりての名は多し、釜の總名「鑵子」とぞ云う
Es gibt viele Namen für die verschiedenen Teekessel, doch sie werden alle zusammenfassend „Kanshi“ genannt.
Dieser Vers hebt die Vielfalt der Kama (Teekessel) hervor, die in der Teezeremonie verwendet werden. Obwohl jeder Kessel einen eigenen Namen und eine eigene Form hat, werden sie alle unter dem Begriff Kanshi zusammengefasst. Dies betont eine zentrale Philosophie im Chanoyu: Während die äußeren Formen variieren, bleibt die Funktion unverändert. Die Kessel erfüllen alle denselben Zweck – das Erhitzen von Wasser für den Tee. Diese Harmonie von Vielfalt und Einheit spiegelt die Balance wider, die im Teeweg wichtig ist.
Der Vers erinnert uns daran, dass im täglichen Leben ebenso verschiedene Wege und Formen existieren können, die jedoch einem gemeinsamen Ziel dienen. Wie die unterschiedlichen kama alle auf dieselbe Essenz hin ausgerichtet sind, sollten auch wir Vielfalt in unseren Handlungen und Entscheidungen schätzen, während wir uns auf die zugrunde liegende Absicht konzentrieren. Diese Erkenntnis fördert ein tieferes Verständnis von Harmonie und Funktion – sowohl im Chanoyu als auch im Leben.
23 繪掛物 左 右向き、向こう向き、使うも床の勝手にぞよる
Ob ein Bild nach links, rechts oder geradeaus zeigt, richtet sich nach der Gestaltung des Tokonoma.
Die Ausrichtung eines kakemono (Bild oder Schriftrolle) im Tokonoma sollte bewusst gewählt werden, um die Harmonie des Raumes zu wahren. In der Praxis des Chanoyu spielt die Platzierung der Kunstwerke eine zentrale Rolle, da sie die Stimmung des Raums und die Balance zwischen den Objekten beeinflusst. Die Entscheidung, ob ein Bild nach links, rechts oder geradeaus zeigt, hängt von der Anordnung des Tokonoma ab, und diese subtile Achtsamkeit spiegelt die Philosophie der Ausgewogenheit wider, die das Chanoyu durchzieht.
Diese Regel kann uns auch im Alltag lehren, dass selbst kleine Details große Auswirkungen auf die Harmonie in unserer Umgebung haben können. Indem wir unsere Handlungen und Entscheidungen mit Bedacht an unsere Umgebung anpassen, schaffen wir ein Gleichgewicht, das zu einer tieferen Zufriedenheit und Ausgeglichenheit führt. So wie die Platzierung eines kakemono den Raum transformieren kann, können auch bewusste Entscheidungen im täglichen Leben eine erhebliche Wirkung auf unser Wohlbefinden haben.
24 墨跡を掛ける時には 啄木 を末座の方へ大方は引け
Wenn du ein Bokuseki aufhängst, richte den Takuboku zur Seite des niedrigeren Sitzes aus.
Ein Bokuseki ist ein kalligrafisches Werk, oft Zitate oder Lehren von Zen-Meistern, das eine tiefe spirituelle Bedeutung trägt. Beim Aufhängen in der Tokonoma (Nische für Kunstwerke) sollte der Takuboku (der letzte Pinselstrich) in Richtung des shimoza (niedrigere Sitzposition) ausgerichtet werden. Diese Regel spiegelt den tiefen Respekt wider, den man sowohl den Gästen als auch der Kunst entgegenbringt. Im Chanoyu spielt die Ausrichtung der Kunstwerke eine wichtige Rolle, um Harmonie im Raum zu schaffen und das Gefühl der Wertschätzung zu vermitteln. Jede Handlung, selbst die kleinste Geste, wird achtsam durchgeführt, um das Erlebnis der Gäste zu vertiefen und die Zeremonie zu vervollkommnen.
Auch im täglichen Leben lehrt uns dieser Vers, auf die Details zu achten und in allem, was wir tun, den Respekt vor unserer Umgebung und unseren Mitmenschen zu bewahren. Kleine Anpassungen und bewusste Entscheidungen tragen dazu bei, Harmonie und Ausgeglichenheit zu schaffen, ähnlich wie die sorgfältige Platzierung eines Bokuseki im Chanoyu.
25 繪の物を掛ける時には 啄木 を印有る方に引き置くも良し
Wenn du ein Bild aufhängst, kann der Teil mit dem Takuboku-Siegel nach der Seite des Siegels gezogen werden.
Dieser Vers beschäftigt sich mit der harmonischen Platzierung von Bildern im Tokonoma, dem traditionellen Alkoven in einem japanischen Teeraum. Der Takuboku, oder der Teil des Bildes mit einem Siegel, sollte auf eine Weise ausgerichtet werden, die das Bild ästhetisch ausbalanciert. Die Idee der Balance spiegelt die zentrale Philosophie des Chanoyu wider, bei der jedes Detail, sei es in der Platzierung von Kunstwerken oder der Darreichung von Tee, zum Gesamterlebnis beiträgt.
Im Alltag können wir diese Lehre auf unser eigenes Leben übertragen. Die richtige Platzierung von Dingen, sei es im physischen Raum oder in unseren Handlungen, schafft Harmonie. Genau wie im Chanoyu jede Kleinigkeit zur Ästhetik und zum Wohlbefinden der Gäste beiträgt, sollten wir auch in unserem täglichen Leben darauf achten, wie wir unsere Umgebung gestalten und wie kleine Details eine große Wirkung haben können.
26 盆石を飾りし時の掛物に、山水などは差合と知れ
Wenn du ein Bonseki ausstellst, dann sollte kein Landschaftsbild (Sansui) gleichzeitig im Raum hängen.
Im Chanoyu ist es wichtig, Überlagerungen von Themen zu vermeiden, um die Klarheit und Schlichtheit der Atmosphäre zu wahren. Ein Bonseki ist ein Miniatur-Arrangement von Steinen, das oft als Symbol für eine Landschaft dient. Wenn du ein solches Arrangement ausstellst, sollte kein Sansui, also ein Landschaftsbild, im Raum hängen. Die beiden Elemente würden sich in ihrer Wirkung gegenseitig beeinflussen und das harmonische Gleichgewicht stören.
Diese Regel erinnert uns daran, dass im Leben, genauso wie im Chanoyu, weniger oft mehr ist. Wenn wir versuchen, zu viele ähnliche oder konkurrierende Eindrücke zu vermitteln, kann die beabsichtigte Wirkung verloren gehen. Die Lehre hier ist, dass man durch Verzicht und die Konzentration auf das Wesentliche eine tiefere Harmonie und Klarheit schafft – sei es in der Kunst oder im Alltag.
27 外題ある物を餘所にて見る時は、先ず外題をば見せて披けよ
Wenn du eine Schriftrolle mit einem Gedai betrachtest, zeige zuerst den Titel und öffne dann die Rolle.
Im Chanoyu ist die Präsentation von Schriftrollen eine Kunstform, die streng auf Achtsamkeit und Respekt gegenüber der Tradition achtet. Ein Gedai bezeichnet den Titel, der außen auf einer Schriftrolle angebracht ist und oft auf das Thema oder den Inhalt verweist. Dieser Vers unterstreicht, wie wichtig es ist, dem Gedai Aufmerksamkeit zu schenken, bevor die eigentliche Rolle geöffnet wird. Dies gibt dem Betrachter die Möglichkeit, den Kontext und die Bedeutung der Rolle zu verstehen, bevor er sich den Inhalten widmet.
Diese Regel lehrt uns auch im Alltag, dass wir oft zuerst die „Oberfläche“ oder den Rahmen eines Themas betrachten sollten, bevor wir tiefer eintauchen. Wie im Chanoyu erinnert uns dieser Vers daran, dass der erste Eindruck oder der äußere Hinweis uns einen wichtigen Hinweis auf den Kern einer Sache geben kann. Es ist ein Ausdruck von Respekt und Achtsamkeit, den richtigen Moment zu wählen, um etwas zu enthüllen – sei es in der Kunst, in Beziehungen oder im täglichen Leben.
28 掛物や花を拜見する時は、三尺程は座を避けて見よ
Wenn du Schriftrollen oder Blumen betrachtest, halte etwa drei Shaku Abstand.
Dieser Vers lehrt, dass Respekt gegenüber den ausgestellten Objekten durch physischen Abstand zum Ausdruck gebracht wird. Ein Shaku ist eine traditionelle japanische Maßeinheit und entspricht etwa 30 cm, sodass drei Shaku rund 90 cm ergeben. Der Abstand dient nicht nur dem besseren Betrachten der Objekte, sondern auch als Ausdruck von Bescheidenheit und Zurückhaltung. Diese Achtsamkeit gegenüber der Umgebung ist zentral im Chanoyu, dem Weg des Tees.
Im Alltag erinnert uns dieser Vers daran, dass es manchmal notwendig ist, Abstand zu nehmen, um Dinge in ihrer vollen Bedeutung zu sehen und ihnen den gebührenden Respekt zu zollen. Ob in zwischenmenschlichen Beziehungen oder im Umgang mit Kunst und Natur: Indem wir uns zurücknehmen, schaffen wir Raum für ein tieferes Verständnis und eine ehrliche Wertschätzung. Die Lehre des Chanoyu fordert uns auf, nicht nur physisch, sondern auch geistig Raum zu schaffen, um das Wesentliche zu erkennen.
29 床に又和歌の類をば掛けるなら、外に歌書をば飾らぬと知れ
Wenn du ein Waka-Gedicht im Tokonoma aufhängst, sei dir bewusst, dass keine weiteren Gedichtbände ausgestellt werden sollten.
Dieser Vers betont das Prinzip der Zurückhaltung und der Vermeidung von Redundanz. Im Chanoyu soll die Aufmerksamkeit der Gäste nicht durch zu viele ähnliche Elemente, wie mehrere Gedichte oder Gedichtbände, abgelenkt werden. Das Waka, ein klassisches japanisches Gedicht, soll im Tokonoma allein stehen, um seine volle Wirkung zu entfalten.
Diese Lehre lässt sich auch auf das tägliche Leben übertragen: Indem wir Überflüssiges weglassen und uns auf das Wesentliche konzentrieren, schaffen wir Klarheit und Raum für das, was wirklich zählt. Oft ist es besser, eine zentrale Idee oder Emotion herauszustellen, anstatt sie durch zusätzliche Details zu überfrachten. Diese Achtsamkeit in der Gestaltung von Raum und Atmosphäre im Chanoyu zeigt uns, wie wir auch in unserem Leben Einfachheit und Fokussierung pflegen können.
30 掛物の釘打つならば 大輪より九分下げて打て、釘も九分也
Wenn du einen Nagel für eine Schriftrolle schlägst, platziere ihn neun Bu unterhalb des ō-wa und lass ihn ebenfalls neun Bu aus der Wand herausragen.
Diese Anweisung betont die Präzision und das Gleichgewicht, die im Chanoyu eine zentrale Rolle spielen. Die sorgfältige Platzierung des Hakens im Tokonoma ist nicht nur eine Frage der Praktikabilität, sondern auch der ästhetischen Ausgewogenheit. Die Maßeinheit „Bu“ und der Bezug auf das ō-wa zeigen, wie wichtig es ist, jedem Detail Beachtung zu schenken, um eine Harmonie zwischen Raum und Objekt zu schaffen.
Im täglichen Leben können wir diese Lektion auf unsere eigenen Handlungen anwenden: Oft liegt der Schlüssel zu Ausgeglichenheit und Ruhe in den kleinen, präzisen Entscheidungen. Wie im Chanoyu geht es auch in unserem Alltag darum, das richtige Maß zu finden und achtsam mit unserer Umgebung umzugehen. Die Art, wie wir Dinge positionieren – physisch und metaphorisch – kann einen großen Unterschied in der Atmosphäre und der Harmonie unseres Lebens machen.
31 釣舟は鎖の長さ床により、出船、入船、浮船と知れ
Die Länge der Kette des hängenden Boots richtet sich nach der Höhe des Tokonoma; außerdem soll man die Unterschiede zwischen ablegendem Boot, ankommendem Boot und schwebendem Boot kennen.
In diesem Vers wird die Positionierung des hängenden Boots zur Metapher für Timing und Harmonie im Chanoyu. Die Länge der Kette bestimmt nicht nur die physische Höhe des Boots, sondern steht symbolisch für die Ausgewogenheit der Umgebung. Ebenso wichtig ist das Verständnis der unterschiedlichen Bootspositionen: ablegend, ankommend und schwebend. Jede dieser Positionen kann unterschiedliche Stimmungen und Dynamiken ausdrücken.
Das „hängende Boot“ (釣舟, tsuribune) ist eine besondere Hängevase, die an einer Kette im Tokonoma hängt und in Form eines Boots gestaltet ist. Sie symbolisiert die Verbindung zur Natur und den Fluss des Lebens – eine subtile Metapher, die stark im Zen und im Chanoyu verankert ist. Ihre Platzierung und Ausrichtung sollen eine Atmosphäre der Ausgewogenheit schaffen, in Harmonie mit der Umgebung.
Diese subtile Achtsamkeit im Umgang mit der Umgebung zeigt, wie entscheidend es ist, den richtigen Moment und die passende Geste zu finden, um ein Gefühl der Balance zu schaffen. Im täglichen Leben erinnert uns dieser Vers daran, auf das Timing und die Position unserer Handlungen zu achten, um Harmonie und Gleichgewicht zu bewahren. Wie das Boot, das sich in seiner Bewegung an der Umgebung orientiert, sollten auch wir im Fluss des Lebens auf die Feinheiten des Augenblicks reagieren.
32 壺などを床に飾らん心あらば、花より上に飾り置くべし
Wenn du ein Teegefäß im Tokonoma aufstellst, platziere es über der Blumenanordnung.
Dieser Vers betont die Bedeutung der Hierarchie und der Ordnung bei der Platzierung von Objekten im Tokonoma. Indem das Teegefäß über den Blumen positioniert wird, stellt man sicher, dass die Bedeutung und Wertigkeit des Teegefäßes als Symbol für den Weg des Tees hervorgehoben wird. Im Chanoyu zählt jedes Detail, und die Anordnung von Gegenständen dient nicht nur ästhetischen Zwecken, sondern spiegelt eine tiefere, spirituelle Ordnung wider.
Im täglichen Leben erinnert uns dieser Vers daran, die Dinge in die richtige Reihenfolge zu bringen und die Wichtigkeit bestimmter Elemente zu erkennen. Es ist eine Lektion in Harmonie und Respekt – sei es im Raum des Tees oder in unserem alltäglichen Umfeld. Die bewusste Wahl der Position zeigt die Achtsamkeit, mit der wir die Welt um uns herum gestalten sollten.
33 板床に葉茶壺、茶入、品々を飾らで飾る法も有りける
Es gibt eine alte Regel, dass auf einem hölzernen Tokonoma keine Teegefäße wie Hachatsubo, Chaire und andere Gegenstände ausgestellt werden sollten.
Dieser Vers verweist auf eine alte Tradition im Chanoyu, nach der bestimmte Teegefäße, wie der Hachatsubo für Blättertee und der Chaire für Koicha, nicht auf einem hölzernen Tokonoma platziert werden sollten. Die Schlichtheit des Holzes wird durch zu viele Objekte überladen, und der Raum verliert seine harmonische Balance.
Diese Regel lehrt uns, dass nicht jedes Objekt in jedem Raum oder Kontext seinen Platz findet. Im Chanoyu betonen wir die Harmonie zwischen den Gegenständen und dem Raum, in dem sie sich befinden. Auch im Leben zeigt uns dies, dass das richtige Maß und die bewusste Auswahl von Dingen oft wichtiger sind als bloße Fülle. Durch das Weglassen des Unnötigen schaffen wir Raum für das Wesentliche und ermöglichen so eine tiefere Verbindung und Harmonie mit unserer Umgebung.
34 床上に籠花入を置く時は、薄板などは敷かぬ物也
Wenn ein Blumenkorb im Tokonoma aufgestellt wird, sollte keine dünne Holzplatte oder ähnliche Unterlage verwendet werden.
Dieser Vers betont die Schlichtheit und Natürlichkeit, die im Chanoyu eine zentrale Rolle spielen. Ein Blumenkorb soll direkt auf den Boden des Tokonoma gestellt werden, ohne die Verwendung von zusätzlichen Utensilien wie einer dünnen Holzplatte, die den natürlichen Ausdruck des Korbes verfälschen könnten. Die Regel fordert dazu auf, die Dinge in ihrer natürlichen Form zu belassen und auf überflüssige Stützen oder Verzierungen zu verzichten.
Diese Philosophie der Reduktion auf das Wesentliche lässt sich auch auf das tägliche Leben übertragen. Oft neigen wir dazu, Dinge unnötig zu komplizieren oder zu überladen. Der Vers lehrt uns, dass wahre Schönheit und Harmonie durch Einfachheit und Klarheit entstehen. Sowohl im Chanoyu als auch im Alltag bedeutet dies, dass wir durch das Weglassen von Überflüssigem Raum für das Wesentliche schaffen und eine tiefere Verbindung mit unserer Umgebung und den Dingen um uns herum ermöglichen.
35 花見より歸りて人に茶の湯せば、花鳥の繪をも花も置く不味
Wenn Gäste von einer Blumenbetrachtung zurückkehren und du Chanoyu veranstaltest, dann stelle weder Blumen noch Vogelbilder auf.
Dieser Vers fordert dazu auf, nach einem intensiven Naturerlebnis Zurückhaltung zu üben, wenn es darum geht, den Teeraum zu schmücken. Die Schönheit der Blumen und Vögel wurde bereits in der Natur bewundert, und eine Wiederholung dieser Motive könnte die Gäste überfordern oder den Eindruck einer Überladung vermitteln. Stattdessen sollte man eine Atmosphäre der Erfrischung und Ruhe schaffen, indem man diese Eindrücke bewusst nicht wiederholt. Die Lehre aus dem Chanoyu ist klar: Es geht um Ausgewogenheit und Achtsamkeit in der Gestaltung der Umgebung.
Im täglichen Leben lässt sich dies als eine Erinnerung verstehen, Überladung und unnötige Wiederholung zu vermeiden. Gerade nach eindrucksvollen Erlebnissen ist es sinnvoll, Raum für neue, ruhige Eindrücke zu schaffen, um innere Harmonie zu fördern. Dieses Prinzip der Mäßigung und der achtsamen Zurückhaltung gilt sowohl im Teeweg als auch in unserem Alltag.
36 時ならず客の来らば手前をば、心は草に業を慎しめ
Wenn unerwartet Gäste eintreffen, bewahre die Sanftheit des Grases im Herzen und übe Zurückhaltung in deinen Taten.
Dieses Gedicht betont die Bedeutung von Gelassenheit und Zurückhaltung, wenn unverhoffte Gäste erscheinen. Das Bild des „Grases“ (草) symbolisiert im Japanischen eine sanfte, bescheidene Haltung, die im Einklang mit der Philosophie des Chanoyu steht. Es erinnert daran, dass wir auf unerwartete Ereignisse mit der Sanftheit und Nachgiebigkeit des Grases reagieren sollten. Dies bedeutet, sich in der Begegnung mit anderen nicht durch starre Formalitäten oder Hektik zu versteifen, sondern flexibel und besonnen zu handeln.
Der Hinweis auf die Mäßigung (慎しむ) fordert dazu auf, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und nicht durch unnötige oder aufwendige Handlungen von der Essenz des Moments abzulenken. Im Chanoyu ist diese Gelassenheit sowohl ein Ausdruck des Respekts gegenüber den Gästen als auch ein Spiegel der inneren Ruhe. In der Zeremonie, wie auch im täglichen Leben, bedeutet Zurückhaltung nicht Verzicht, sondern die Fähigkeit, sich dem Moment anzupassen, ohne die Harmonie zu stören.
37 古へは夜會などには床の內 掛物、花は無しとこそ聞け
In früheren Zeiten wurden bei nächtlichen Zusammenkünften im Tokonoma weder Schriftrollen noch Blumen ausgestellt, so habe ich gehört.
In Chanoyu-Zusammenkünften, die nachts stattfinden, ist die Beleuchtung oft gedämpft, was dazu führt, dass das Präsentieren von Kunstwerken oder Blumen im Tokonoma als unangemessen gilt. Diese Zurückhaltung reflektiert die tiefe Achtsamkeit gegenüber dem richtigen Zeitpunkt und den äußeren Umständen, die für die Teezeremonie charakteristisch ist. Indem man darauf verzichtet, diese Objekte zur Schau zu stellen, zeigt man Respekt sowohl gegenüber den Gästen als auch gegenüber der Bedeutung der Kunst selbst.
Der Tokonoma ist ein traditioneller Alkoven in japanischen Teeräumen, in dem normalerweise Schriftrollen und Blumen arrangiert werden. Doch bei nächtlichen Zusammenkünften, wenn das Licht schwach ist, könnten die Details der Kunstwerke oder Blumen nicht richtig gewürdigt werden. Daher lehrt dieser Vers eine Form der Zurückhaltung, indem man darauf verzichtet, Kunstwerke unter suboptimalen Bedingungen zu präsentieren. Diese Haltung der Anpassung an den Moment spiegelt die Flexibilität und Achtsamkeit wider, die nicht nur im Chanoyu, sondern auch im Alltag praktiziert werden sollte, indem wir die Angemessenheit unseres Tuns in Bezug auf Zeit, Ort und Umstände hinterfragen.
38 客になり風爐の其の內見る時は炭崩れ難氣遣いをせよ
Wenn Gäste in den Furo blicken, sollten sie keine zerfallende Glut sehen, um ihnen Unbehagen zu ersparen.
Ein gepflegtes Feuer im Furo (tragbares Teefeuer) symbolisiert die Aufmerksamkeit und Sorgfalt des Gastgebers. Im Chanoyu spielt das Feuer eine zentrale Rolle, nicht nur für die Zubereitung des Tees, sondern auch für die Schaffung einer harmonischen Atmosphäre. Wenn die Gäste in den Furo blicken, sollte die Glut ruhig und ordentlich erscheinen, um den Eindruck von Nachlässigkeit oder Unordnung zu vermeiden.
Diese sorgfältige Pflege des Feuers drückt das Konzept der Achtsamkeit aus, das nicht nur auf die großen, offensichtlichen Dinge angewendet wird, sondern auch auf scheinbar kleine und unwichtige Details. Die Verantwortung des Gastgebers im Chanoyu erstreckt sich auf alle Aspekte des Treffens, und jedes Element, sogar die Ordnung der Glut, beeinflusst das Wohlbefinden der Gäste. Diese Praxis lehrt uns, im Alltag dieselbe Sorgfalt und Aufmerksamkeit auf Details zu richten, um Harmonie und Respekt in unseren Interaktionen zu bewahren.
39 冬の釜、圍爐裏緣より六 七分高く据えるぞ習いなりける
Im Winter sollte der Kessel sechs oder sieben Bu höher als der Rand des Irori aufgestellt werden.
Diese Anweisung zur Platzierung des Kessels reflektiert die Wichtigkeit von Proportionen und Ergonomie im Chanoyu. Sie zeigt, wie die Ästhetik der Teezeremonie auch in praktischen Details verankert ist.
Dieser Vers bezieht sich auf die traditionelle Winterplatzierung des Kessels im Irori, einer eingelassenen Feuerstelle, die typisch für Winterzeremonien ist. Die Anweisung, den Kessel „sechs oder sieben Bu“ höher zu platzieren, ist mehr als eine rein praktische Empfehlung. Sie verdeutlicht, wie selbst kleine Anpassungen in der Höhe oder Platzierung die Harmonie der Zeremonie beeinflussen können. Proportionen und Ergonomie spielen in der Ästhetik des Chanoyu eine zentrale Rolle, da jede Handlung und jeder Gegenstand sorgfältig durchdacht und positioniert wird, um ein Gefühl der Harmonie und Balance zu erzeugen.
Auch im täglichen Leben erinnert uns diese Regel daran, dass die richtige Balance und die Berücksichtigung von Details nicht nur für die Praxis des Tees, sondern für alles, was wir tun, essenziell sind. Eine scheinbar kleine Entscheidung, wie die Platzierung eines Kessels, kann das gesamte Erlebnis verändern, genau wie kleine Anpassungen in unserem täglichen Handeln tiefgreifende Auswirkungen auf unser Wohlbefinden und das unserer Umgebung haben können.
40 爐の內は炭斗 フクベ、柄の火箸、陶器香合、練り香と知れ
Im Ro sollten ein Kürbisschöpfer, Zangen mit Holzgriff, ein Keramik-Kōgō und Neri-kō verwendet werden.
Dieser Vers beschreibt die spezifische Auswahl der Utensilien, die im Winter für den Ro, den eingelassenen Herd, verwendet werden sollten. Jedes Objekt ist sorgfältig ausgewählt, um die rustikale und natürliche Ästhetik des Wabi zu unterstreichen. Wabi ist eine zentrale Philosophie im Chanoyu, die die Schönheit des Unperfekten und Einfachen betont. Der „Kürbisschöpfer“ ist ein Symbol für die Verwendung von Alltagsgegenständen in ihrer natürlichen Form, während die Zangen mit Holzgriff die schlichte Funktionalität und die Verbindung zur Natur verkörpern.
Die Wahl eines Keramikkōgō (Duftbehälters) und des Neri-kō (geformter Duftstoff) zeigt, wie selbst in alltäglichen Handlungen wie dem Verbrennen von Duftstoffen große Sorgfalt auf Details gelegt wird. Diese Praxis erinnert uns daran, dass die Schönheit und die Achtsamkeit, die wir den kleinsten Aspekten des Lebens widmen, sowohl im Chanoyu als auch im Alltag von Bedeutung sind. Die scheinbare Schlichtheit dieser Objekte fördert die innere Ruhe und den Fokus, indem sie uns dazu anregen, das Wesentliche zu erkennen.
41 羽箒は風爐に右羽を、爐時は左羽をば使うとぞ知る
Der Haboki sollte beim Furo mit rechten Federn und beim Ro mit linken Federn verwendet werden.
Dieser Vers weist auf ein feines Detail der Teezeremonie hin: Die Wahl der Feder des Haboki (Federbesen), abhängig von der Jahreszeit und dem verwendeten Herd. Der Furo ist der tragbare Sommerherd, während der Ro der eingelassene Winterherd ist. Die rechten oder linken Federn symbolisieren das Zusammenspiel von Yin und Yang, also der dualen Kräfte, die im Wechsel der Jahreszeiten und im Gleichgewicht des Universums präsent sind.
Das Detail, ob eine rechte oder linke Feder verwendet wird, erinnert uns daran, dass es im Chanoyu auf die subtilsten Nuancen ankommt, die den Wandel der Natur reflektieren. Diese Achtsamkeit lehrt uns, in unserem täglichen Leben ebenso auf die scheinbar kleinen Dinge zu achten, denn auch sie tragen zur Harmonie und zum Gleichgewicht bei. Wie in der Teezeremonie ist es oft das unauffällige Detail, das wahre Bedeutung und Tiefe verleiht.
42 風爐の炭 見る事は無し、見ぬとても、見ぬこそ猶も見る心なれ
Beim Furo schaut man nicht auf die Kohle, doch auch wenn man sie nicht sieht, sollte man sie so legen, als ob man sie sehen würde.
Dieser Vers verdeutlicht eine wesentliche Lehre des Chanoyu – die Achtsamkeit in jeder Handlung, unabhängig davon, ob sie gesehen wird oder nicht. Die Kohle, die das Feuer für die Teezeremonie nährt, mag unbemerkt bleiben, doch der Gastgeber legt sie mit der gleichen Sorgfalt wie bei einer inspizierten Kohle. Dies symbolisiert die Bedeutung des unsichtbaren Tuns und der inneren Haltung, die auch dann zählt, wenn sie von außen nicht wahrgenommen wird.
Im Alltag erinnert uns diese Lehre daran, dass unsere Intention und Sorgfalt nicht davon abhängen sollten, ob jemand zusieht oder uns dafür lobt. Was wir tun, sollte stets mit Achtsamkeit und innerer Klarheit geschehen. In der Teezeremonie ist das Feuer der Kohle eine unsichtbare, aber zentrale Kraft – so wie im Leben oft das, was unsichtbar ist, eine tiefere Bedeutung trägt.
43 焚き殘る白炭有らば捨て熾きて、又餘の炭を置く物ぞ可し
Wenn ein Stück weiße Kohle noch glüht, benutze es, um das Feuer wieder zu entfachen, und füge weitere Kohlen hinzu.
Dieser Vers lehrt eine zentrale Lektion des Chanoyu – die Bedeutung der Wiederverwendung und der Achtsamkeit im Umgang mit Ressourcen. Ein noch glimmendes Stück Kohle wird nicht weggeworfen, sondern genutzt, um das Feuer wieder zu entfachen. Dies steht sinnbildlich für die Fähigkeit, das, was noch Potenzial hat, zu würdigen und weiterzuführen. Im Chanoyu gibt es keinen Platz für Verschwendung; jede Ressource, so klein sie auch sein mag, hat ihren Wert.
Über die Teezeremonie hinaus verdeutlicht diese Lehre, dass wir im Leben achtsam mit dem umgehen sollten, was wir haben, und stets nach Möglichkeiten suchen, Neues aus Vorhandenem zu erschaffen. So wie die Glut einer Kohle neues Feuer entfachen kann, kann auch in unserem Alltag scheinbar Unbedeutendes oder Zurückgelassenes eine Quelle für frisches Wachstum oder Inspiration sein.
44 炭次がば 五德挾むな、十文字、緣を切らすな、釣合を見よ
Beim Hinzufügen von Kohle sollten die Stücke nicht das Gotoku umklammern oder ein Kreuz bilden. Achte darauf, dass sie innerhalb des Feuerrings gut ausbalanciert sind und die Ränder nicht berühren.
Dieser Vers betont die Notwendigkeit von Harmonie und Ausgewogenheit in der Teezeremonie. Die Kohlen dürfen nicht das Gotoku, den Kohlenhalter, berühren oder ein Kreuz formen, da dies Unordnung symbolisiert. Im Chanoyu ist die korrekte Anordnung der Kohle nicht nur eine Frage der Praktikabilität, sondern ein Ausdruck des Strebens nach innerem Gleichgewicht. Das Feuer, das durch die Kohle entfacht wird, steht im Einklang mit der Umgebung und der Stimmung der Zeremonie.
Diese Prinzipien gelten auch im Alltag: Unsere Handlungen sollten ausgewogen und durchdacht sein. Ein ungeordnetes, hektisches Vorgehen führt zu Disharmonie und Unruhe, während klare, wohlüberlegte Schritte zu einem harmonischen und erfüllten Leben beitragen. So wie die Kohle das Feuer gleichmäßig und konstant brennen lässt, können auch unsere Handlungen ein stetiges und sinnvolles Leben aufrechterhalten, wenn sie im Einklang mit unseren inneren Werten und der äußeren Welt stehen.
45 崩れたる其の白炭を取り上げて、又焚き沿える事は無き也
Wenn ein Stück weiße Kohle zerbröckelt und entfernt wird, sollte es nicht wieder ins Feuer gelegt werden.
Diese Regel betont die Notwendigkeit von Achtsamkeit und Sorgfalt im Chanoyu. Die Verwendung von intakter Kohle ist entscheidend, um ein stabiles Feuer zu gewährleisten, was symbolisch für die Integration und Erhaltung von Ressourcen steht. Das Entfernen zerbröckelter Kohle steht nicht nur für eine praktische Maßnahme, sondern auch für eine philosophische Haltung: das Streben nach Qualität in allen Aspekten unseres Lebens.
Im Chanoyu wird Wert auf die Schönheit und Funktionalität von Materialien gelegt. Diese Prinzipien übertragen sich auf unser tägliches Leben: Wenn wir mit Achtsamkeit und Sorgfalt umgehen, sei es in der Wahl unserer Beziehungen, der Pflege unserer Umwelt oder der Ausübung unserer Fähigkeiten, schaffen wir eine harmonische Umgebung. Die Regel, keine zerbrochene Kohle wieder ins Feuer zu legen, erinnert uns daran, dass wir auch in unserem Leben die notwendigen Entscheidungen treffen müssen, um das Gleichgewicht und die Harmonie aufrechtzuerhalten.
46 炭置くも習いばかりに拘りて、湯の滾らざる炭は消え炭
Auch wenn du die Kohle nach den gelernten Regeln legst, ist die Kohle tot, wenn das Wasser nicht kocht.
Dieser Vers vermittelt eine zentrale Lehre im Chanoyu: Die Technik ist nicht das einzige Kriterium für Erfolg; der Erfolg selbst ist entscheidend. Die Aussage, dass die Kohle „tot“ ist, wenn das Wasser nicht kocht, erinnert uns daran, dass selbst die beste Technik nutzlos bleibt, wenn sie nicht zu dem gewünschten Ergebnis führt. Dies gilt sowohl im Chanoyu als auch im alltäglichen Leben: Handlungen sollten nicht nur mechanisch ausgeführt, sondern auch mit Absicht und Bewusstsein ausgeführt werden.
Das Streben nach Perfektion in der Technik ist wertvoll, aber letztlich muss sie mit dem Ziel in Einklang stehen. Im Chanoyu spiegelt sich dies in der Zubereitung des Tees wider, wo das Ergebnis – ein köstlicher Tee – das Maß für die Qualität der Technik ist. Ebenso in unserem täglichen Leben ist es wichtig, dass wir unsere Fähigkeiten und Techniken so einsetzen, dass sie einen echten Einfluss auf unser Umfeld haben. Die Achtsamkeit, mit der wir unsere Handlungen setzen, ist der Schlüssel zur Schaffung von Bedeutung und zur Erreichung von Erfüllung.
47 炭置くは例え習いに背くとも、湯のよく滾る炭は炭也
Selbst wenn die Kohle anders gelegt wird als gelernt, so ist die Kohle korrekt platziert, solange das Wasser gut kocht.
Dieser Vers unterstreicht eine zentrale Lehre im Chanoyu: Das Ziel zählt mehr als die strikte Einhaltung von Regeln. Die Aussage, dass die Kohle „korrekt platziert“ ist, wenn das Wasser gut kocht, verdeutlicht, dass die Absicht und das Ergebnis im Vordergrund stehen sollten. Die Flexibilität in der Technik zeigt, dass das Leben, ähnlich wie die Teezeremonie, oft unvorhersehbar ist und Anpassungen erfordert.
Im Chanoyu wird die Kunstfertigkeit der Teezubereitung nicht nur durch das Einhalten festgelegter Regeln bestimmt, sondern auch durch das Gespür für den Moment und das Verständnis der Gegebenheiten. Diese Philosophie lässt sich auf unser alltägliches Leben übertragen: Es ist wichtig, die Umstände und das Ziel zu berücksichtigen, anstatt blind Regeln zu folgen. In der Praxis bedeutet dies, dass wir offen für Flexibilität und Kreativität sein sollten, um das Beste aus unseren Handlungen herauszuholen.
Ein weiterer Aspekt ist die Achtsamkeit im Umgang mit Materialien und Techniken. Selbst wenn man von der Norm abweicht, bleibt die grundlegende Wichtigkeit der Handlung bestehen, solange sie mit dem Ziel der Qualität und des Erfolgs durchgeführt wird. Im Chanoyu wie im Alltag ist es die Balance zwischen Technik und Intuition, die das Ergebnis bestimmt.
48 風爐の時炭は菜籠に、カネ火箸、塗香合に白檀を焚け
Während der Furo-Saison wird die Kohle im Gemüsekorb getragen, während Metallzangen verwendet und Sandelholz aus einem lackierten Kōgō verbrannt wird.
Dieser Vers verdeutlicht die Sorgfalt und die Details im Chanoyu, insbesondere während der Furo-Saison. Die Verwendung eines Gemüsekörbchens für die Kohle zeigt nicht nur die praktische Seite der Zeremonie, sondern auch den Respekt gegenüber den Materialien und der Umwelt. Der Einsatz von Metallzangen und das Verbrennen von Sandelholz aus einem lackierten Kōgō unterstreichen die Wertschätzung für Handwerkskunst und die Verbindung zur Natur.
Diese Praktiken im Chanoyu sind Ausdruck einer tieferen Philosophie, die über die Zeremonie hinausgeht. Sie lehren uns, wie wichtig es ist, im Alltag achtsam mit unseren Ressourcen umzugehen und die Schönheit der Einfachheit zu schätzen. In einer Welt, die oft von Überfluss und Komplexität geprägt ist, erinnert uns dieser Vers daran, dass Wertschätzung für die Elemente um uns herum auch in kleinen Handlungen Ausdruck finden kann.
Im Kontext des täglichen Lebens bedeutet dies, dass wir die Dinge, die wir nutzen, und die Art und Weise, wie wir sie behandeln, mit einer Haltung des Respekts und der Achtsamkeit betrachten sollten. Die Verbindung zwischen der Teezeremonie und unserem Alltag zeigt, dass die Prinzipien des Chanoyu in unsere täglichen Entscheidungen und Handlungen integriert werden können.
49 客になり底取るならば何時とても、圍爐裏の角を崩し盡くすな
Wenn der Gast das Innere des Irori reinigt, sollte er darauf achten, die Ecken nicht zu zerstören.
Dieser Vers illustriert die Sorgfalt und Achtsamkeit, die im Chanoyu erforderlich sind, insbesondere wenn es um das Reinigen des Irori geht. Das Irori ist nicht nur eine Feuerstelle, sondern auch ein zentrales Element der Teezeremonie, das Wärme und Licht spendet. Die Anordnung der Asche im Irori ist entscheidend für die Luftzirkulation, die wiederum die Effizienz des Feuers beeinflusst. Diese Feinheiten zeigen, dass jede Handlung im Chanoyu Bedeutung hat und dass es nicht nur um die Durchführung der Zeremonie geht, sondern auch um das tiefere Verständnis und den Respekt für die verwendeten Elemente.
Das Streben nach Perfektion und Achtsamkeit im Chanoyu spiegelt sich auch in unserem Alltag wider. Wie im Chanoyu sollten wir im täglichen Leben darauf achten, die Integrität und die Details unserer Umgebung zu bewahren, sei es in der Art, wie wir unsere Aufgaben angehen, oder wie wir mit anderen umgehen. Der Hinweis, die Ecken des Irori nicht zu zerstören, erinnert uns daran, dass es die kleinen Dinge sind, die oft den größten Unterschied ausmachen. In der heutigen Zeit, in der wir häufig von Hektik und Ablenkung umgeben sind, bietet uns diese Philosophie eine wertvolle Lektion in Achtsamkeit und Respekt für unsere Umgebung.
50 客になり炭次ぐならば、其の度に薰物などは燒べぬ事也
Wenn ein Gast die Kohle nachlegt, sollte er in solchen Fällen niemals das Takimono hinzufügen.
In diesem Vers wird die Bedeutung der Rollen im Chanoyu deutlich, insbesondere die des Gastgebers und des Gastes. Die Zugabe von Takimono (Weihrauch) ist eine Handlung, die dem Gastgeber vorbehalten ist und symbolisiert den Respekt vor den festgelegten Ritualen und der Hierarchie innerhalb der Teezeremonie. Diese Regel verdeutlicht die Notwendigkeit, die Integrität des Zeremonieablaufs zu wahren, da das Hinzufügen von Weihrauch durch den Gast als Eingriff in die Verantwortung des Gastgebers angesehen wird.
Die Achtsamkeit und der respektvolle Umgang mit den Ritualen des Chanoyu spiegeln sich auch in unserem täglichen Leben wider. Wie in der Teezeremonie ist es wichtig, die Rollen und Verantwortlichkeiten zu erkennen, die wir in sozialen Interaktionen einnehmen. Das Bewusstsein für den eigenen Handlungsrahmen und die Respektierung der Rollen anderer fördern harmonische Beziehungen und eine respektvolle Kommunikation.
Durch die Einhaltung solcher Regeln im Chanoyu wird nicht nur die Zeremonie selbst, sondern auch die gemeinsame Zeit mit den Gästen wertgeschätzt und zu einem bedeutungsvollen Erlebnis. Diese Lehre ermutigt uns, auch im Alltag die Wertschätzung für die Rollen und Aufgaben der anderen zu pflegen und eine Atmosphäre des Respekts zu schaffen.
51 古へは名物などの香合へ直に薰物入れぬとぞ聞く
In früheren Zeiten wurde das Takimono niemals direkt in den Meibutsu-Kōgō oder ähnliche Behälter gelegt, so habe ich gehört.
In diesem Vers wird die Praxis des Umgangs mit Takimono (Weihrauch) im Chanoyu betont. Die Regel, dass Weihrauch niemals direkt in den Kōgō (Weihrauchbehälter) gegeben wird, dient dem Schutz vor Verunreinigungen und symbolisiert den Respekt für die Materialien und Traditionen der Teezeremonie. Diese Achtsamkeit zeigt sich in der Sorgfalt, die den wertvollen Gegenständen entgegengebracht wird, und reflektiert die Integrität, die im Chanoyu von zentraler Bedeutung ist.
Die Lehre dieses Verses lädt uns ein, auch im täglichen Leben einen bewussten Umgang mit unseren Besitztümern zu pflegen. Der respektvolle Umgang mit Dingen und das Vermeiden von Verunreinigungen stehen nicht nur für die Wertschätzung der Objekte, sondern auch für die Reinheit unserer Gedanken und Handlungen. In einer Welt, in der Ablenkungen und Materialismus oft überhandnehmen, erinnert uns diese Praxis daran, wie wichtig es ist, Achtsamkeit und Respekt in unser Handeln zu integrieren.
Durch den bewussten Umgang mit alltäglichen Gegenständen können wir die Werte, die wir in der Teezeremonie schätzen, auch in unsere täglichen Interaktionen einfließen lassen. Die Idee, mit Reinheit und Achtsamkeit durch das Leben zu gehen, fördert nicht nur eine tiefere Verbindung zu den Dingen um uns herum, sondern auch ein harmonisches Miteinander in unseren sozialen Beziehungen.
52 運び立て 水指置くは 橫疊二ツ割りにて眞中に置け
Beim Hakobi-date wird das Mizusashi mittig auf die Breite der Tatami gelegt, die durch zwei Linien geteilt wird.
Der Vers beschreibt die Platzierung des Mizusashi (Wassergefäß) während des Hakobi-date, einer spezifischen Form der Teezeremonie, die von Sen no Rikyū entwickelt wurde. Diese Zeremonie reflektiert die Prinzipien des Wabi, die Einfachheit, Natürlichkeit und die Schönheit des Unvollkommenen betonen. Die präzise Platzierung des Mizusashi in der Mitte der Tatami schafft ein Gefühl von Harmonie und Ausgewogenheit im Raum.
Diese Regel erinnert uns daran, wie wichtig Balance und Ordnung im Leben sind. So wie das Mizusashi an seinem Platz ein Gefühl der Harmonie fördert, sollten auch unsere Entscheidungen und Handlungen im Leben wohlüberlegt und ausgewogen sein. Die Teezeremonie spiegelt diese Werte wider, indem sie uns dazu auffordert, achtsam mit unserem Raum und unserer Umgebung umzugehen, sowohl im physischen als auch im geistigen Sinne.
Diese Achtsamkeit und das Streben nach Balance können auch in unserem täglichen Leben angewendet werden. In einer Welt, die oft chaotisch und überladen ist, lehrt uns die Teezeremonie, dass die Schaffung eines harmonischen Umfelds auch zur inneren Ruhe und Zufriedenheit führt. Ein bewusster Umgang mit dem Raum, in dem wir leben und arbeiten, kann uns helfen, Klarheit und Fokus in unseren Gedanken und Handlungen zu finden.
53 茶入、又茶筌の曲尺をよくも知れ、跡に殘せる道具目當に
Die exakte Platzierung des Chaire und des Chasen muss gut bekannt sein, damit danach die anderen Utensilien ihre richtigen Positionen einnehmen können.
Der Vers beschreibt die Notwendigkeit, die genaue Platzierung von Chaire (Teegefäß) und Chasen (Bambusbesen) im Chanoyu zu verstehen. Diese präzise Anordnung ist nicht nur eine Frage der Tradition, sondern auch entscheidend für die Harmonie der Zeremonie. Im Chanoyu wird großer Wert auf die richtige Positionierung jedes Utensils gelegt, was die Bedeutung der Ordnung und Struktur im Leben unterstreicht.
Diese Regel erinnert uns daran, dass jedes Element seinen Platz hat und dass Harmonie aus der richtigen Anordnung von Dingen entsteht – eine Lektion, die sich auch auf unser tägliches Leben übertragen lässt, sei es in Beziehungen, Aufgaben oder Gedanken. Die Achtsamkeit, mit der wir unsere Umgebung gestalten, beeinflusst nicht nur die Ästhetik, sondern auch unser emotionales und mentales Wohlbefinden. In einer Welt, die oft chaotisch erscheint, lehrt uns die Teezeremonie, dass durch Ordnung und Struktur ein Gefühl von Frieden und Ausgeglichenheit erreicht werden kann.
54 濃茶には湯加減熱く服は、尙泡無き樣に カタマリも無く
Bei der Zubereitung von Koicha sollte das Wasser heiß sein, und der Tee sollte weder Schaum noch Klumpen aufweisen.
Der Vers beschreibt die Sorgfalt, die bei der Zubereitung von Koicha (starkem Tee) erforderlich ist. Die Regel, dass das Wasser heiß sein und der Tee weder Schaum noch Klumpen aufweisen soll, betont die Notwendigkeit von Geduld und Präzision in der Teezeremonie. Jedes Detail zählt, und jede Abweichung kann die Harmonie des Tees stören.
Diese Philosophie überträgt sich auch auf unser tägliches Leben. In vielen Bereichen ist es entscheidend, mit Hingabe und Achtsamkeit zu handeln, um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen. Genauso wie bei der Zubereitung von Koicha die richtige Technik und Einstellung erforderlich sind, sollten wir auch in unseren täglichen Aufgaben sorgfältig und bedacht vorgehen. Der Fokus auf die Details, sei es bei der Teezubereitung oder im Alltag, führt zu einem tieferen Verständnis und schlussendlich zu besseren Resultaten. Diese Lehre erinnert uns daran, dass kleine Dinge große Auswirkungen haben können, sowohl in der Zeremonie als auch im Leben.
55 とにかくに服の加減を覺ゆるは、濃茶度々立てよく知れ
Die beste Art, sich das richtige Aufschlagen von Koicha einzuprägen, ist, ihn häufig zuzubereiten. So wirst du es vollständig verstehen.
Dieser Vers hebt die Bedeutung der Praxis im Chanoyu hervor. Das häufige Zubereiten von Koicha (starkem Tee) ist entscheidend, um das richtige Gefühl für die Technik und die feinen Details zu entwickeln. Wiederholung ist nicht nur im Tee, sondern auch im Alltag ein Schlüssel zur Meisterschaft. Durch ständige Praxis verfeinern wir unsere Fähigkeiten und schaffen ein tiefes Verständnis für die Abläufe und Feinheiten, die oft übersehen werden.
Diese Lehre kann auf viele Lebensbereiche übertragen werden. Wie beim Koicha, wo Geduld und Hingabe erforderlich sind, um die optimale Zubereitung zu erreichen, sollten wir auch in unserem täglichen Leben die Wichtigkeit der kontinuierlichen Übung und des Lernens schätzen. Es ist die Engagement in den kleinen Dingen, die letztlich zu einem größeren Verständnis und zu persönlichem Wachstum führt. Der Wert der Erfahrung, das Geduld und die Hingabe erfordert, zeigt sich sowohl in der Teezeremonie als auch im Leben selbst.
56 風爐濃茶 必ず釜に水 指すと、一筋に思う、人は誤り
Beim Zubereiten von Koicha während der Furo-Saison gib immer kaltes Wasser in den Kessel, bevor du heißes Wasser entnimmst. Wer dies als bloße Routine betrachtet, irrt.
Dieser Vers hebt eine zentrale Praxis des Chanoyu hervor – das Hinzufügen von kaltem Wasser, bevor heißes Wasser entnommen wird. Diese Handlung, die während der Furo-Saison, also der wärmeren Monate, vorgenommen wird, ist weit mehr als nur eine mechanische Aufgabe. Sie symbolisiert das Gleichgewicht zwischen den Elementen Wasser und Feuer. Das Einbringen von kaltem Wasser in den Kessel reguliert nicht nur die Temperatur, sondern fördert auch die richtige Zubereitung des Tees.
In der Tiefe betrachtet, erinnert uns diese Geste daran, dass selbst die kleinsten Handlungen im Leben einen tieferen Sinn haben. So wie das kalte Wasser hilft, die Harmonie im Kessel aufrechtzuerhalten, müssen auch wir im Alltag auf die kleinen Details achten, um Balance in unseren Handlungen und Gedanken zu wahren. Dieser Vers lehrt uns, dass Achtsamkeit in scheinbar banalen Handlungen den Unterschied ausmacht – sei es im Ritual der Teezeremonie oder im täglichen Leben.
57 棗には蓋 半月に手を掛けて、茶杓を丸く置くとこそ知れ
Der Deckel des Natsume sollte in einer halbmondförmigen Bewegung gehalten werden, und der Chashaku sollte in einer sanften, kreisförmigen Bewegung darauf abgelegt werden.
Dieser Vers betont die Bedeutung von Eleganz und Präzision im Chanoyu. Die halbmondförmige Bewegung des Deckels des Natsume, des Teebehälters, ist nicht nur eine rein mechanische Handlung, sondern symbolisiert Harmonie und Achtsamkeit. Die Bewegungen, die im Chanoyu ausgeführt werden, sind bewusst einfach gehalten, aber voller Bedeutung und sollen die Ruhe und Kontrolle des Teewegs ausdrücken.
Das sanfte Ablegen des Chashaku (Bambuslöffel) in einer kreisförmigen Bewegung unterstreicht die Wichtigkeit, selbst die kleinsten Handlungen mit Sorgfalt und Würde auszuführen. Diese klaren und bewussten Gesten verkörpern das Streben nach Ausgewogenheit und innerer Ordnung, die im Chanoyu essenziell sind. Indem wir uns auf die kleinen Details konzentrieren, erinnert uns die Zeremonie daran, wie wichtig die Balance zwischen äußeren Handlungen und innerer Achtsamkeit ist. Diese Lehre kann auch auf unser tägliches Leben übertragen werden: In jeder noch so einfachen Handlung steckt das Potenzial, Harmonie und Bewusstheit zu schaffen.
58 薄茶入 蒔繪、彫物、文字有らば順逆覺え扱うと知れ
Wenn der Behälter für Usucha mit Maki-e, Gravuren oder Schriftzeichen verziert ist, solltest du ihn so handhaben, dass diese immer richtig ausgerichtet sind.
Im Chanoyu wird selbst den kleinsten Details große Bedeutung beigemessen, wie beispielsweise der korrekten Ausrichtung von Verzierungen auf dem Usucha-Behälter. Die Verzierung durch Maki-e (eine Lacktechnik) oder Gravuren soll während der gesamten Zeremonie in ihrer korrekten Position verbleiben. Diese Praxis spiegelt die tiefe Achtsamkeit und den Respekt wider, die im Chanoyu gepflegt werden.
Die korrekte Ausrichtung des Behälters symbolisiert Harmonie und die Bedeutung von Balance. Diese Regel zeigt uns, wie wichtig es ist, selbst kleinste Details zu beachten, um ein perfektes Ganzes zu schaffen. Sie erinnert uns auch daran, dass unsere Handlungen, so unbedeutend sie auch erscheinen mögen, Auswirkungen auf die Gesamtheit haben. Die Teezeremonie lehrt uns, auch im Alltag Präzision und Achtsamkeit in jede unserer Handlungen zu integrieren, denn diese kleinen Details schaffen Harmonie und ein Gefühl von Ausgewogenheit.
59 二疊臺、三疊臺の水指は、先ず九ツ目に置くが法也
In einem Raum mit zwei oder drei Matten wird der Mizusashi so platziert, dass er 9 Me von der rechten Heri der Tatami entfernt steht.
Die genaue Platzierung des Mizusashi (Wassergefäß) auf einer Tatami-Matte ist nicht nur eine ästhetische Entscheidung, sondern spiegelt auch die zentrale Rolle der Harmonie und des Gleichgewichts wider, die im Chanoyu von großer Bedeutung sind. Die Maßeinheit „Me“ bezieht sich auf eine traditionelle japanische Abstandsangabe, die die Position der Utensilien in Relation zur Tatami definiert. Diese Achtsamkeit bei der Platzierung der Objekte sorgt dafür, dass der Raum nicht nur funktional, sondern auch visuell harmonisch bleibt.
Dieser Vers erinnert uns daran, dass selbst in den kleinsten Details wie der Anordnung von Gegenständen eine tiefere Ordnung liegt. Diese Ordnung symbolisiert das größere Prinzip des Gleichgewichts im Leben: So wie das Mizusashi präzise auf der Tatami positioniert wird, sollten auch unsere Entscheidungen und Handlungen im täglichen Leben wohlüberlegt und im Einklang mit unserem Umfeld stehen. Die Teezeremonie fordert uns auf, mit Achtsamkeit und Respekt gegenüber den Regeln der Harmonie zu handeln, sowohl im Zeremoniellen als auch im Alltäglichen.
60 竹釘は皮目を上に打つぞ可し、皮目を下に爲す事も有り
Der Bambushaken sollte mit der Rindenseite nach oben genagelt werden; es ist jedoch auch möglich, ihn mit der Rindenseite nach unten anzubringen.
Der Bambushaken symbolisiert im Chanoyu die Balance zwischen Ästhetik und Funktion. Die Entscheidung, die Rindenseite nach oben oder nach unten zu platzieren, mag auf den ersten Blick trivial erscheinen, doch sie birgt eine tiefere Bedeutung. Diese Wahl betont die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit, die nicht nur in der Teezeremonie, sondern auch im Leben von Bedeutung sind. In der Wabi-Philosophie, die Einfachheit und Natürlichkeit schätzt, ist der Bambushaken mehr als nur ein funktionaler Gegenstand – er repräsentiert die subtile Harmonie, die durch achtsame Entscheidungen entsteht.
Die Rindenseite nach oben zu wählen, kann als symbolischer Ausdruck der Verbindung zur Natur und ihrer ungeschminkten Schönheit verstanden werden. Die Entscheidung, sie nach unten zu richten, könnte hingegen auf Pragmatismus und Funktionalität hinweisen. Beide Optionen verdeutlichen, dass es im Chanoyu nicht immer nur eine richtige Lösung gibt. Vielmehr lehrt uns dieser Vers, dass unterschiedliche Entscheidungen, je nach Kontext, zu gleichwertig harmonischen Ergebnissen führen können. Diese Lehre können wir auf unser tägliches Leben übertragen, indem wir flexibel auf Situationen reagieren, ohne die Harmonie unseres Umfelds zu stören.
61 姥口は圍爐裏緣より六 七分低く据えるぞ習いなりける
Was den Ubaguchi (Kessel) betrifft, solltest du ihn so ausrichten, dass der Mund 6- oder 7-bu unter dem oberen Rand des Irori-Rahmens liegt.
Der Ubaguchi-Kessel ist eine besondere Art von Kessel mit einem vertieften Mund, der oft von Furuta Oribe, einem der großen Meister des Tees, bevorzugt wurde. Die richtige Platzierung dieses Kessels ist entscheidend für die Harmonie der Teezeremonie. Indem der Kessel tiefer im Ro (Feuerstelle) platziert wird, ermöglicht dies eine bequeme Handhabung des Hishaku (Wasserschöpfkelle), sodass dieser elegant über den Rand des Robuchi gelegt werden kann.
Diese Präzision in der Platzierung symbolisiert das tiefe Verständnis von Chanoyu, bei dem jede Bewegung und jedes Objekt bewusst in Einklang mit der Umgebung gebracht wird. Harmonie und Balance sind zentrale Prinzipien, nicht nur in der Teezeremonie, sondern auch in unserem täglichen Leben. Dieser Vers erinnert uns daran, dass es nicht nur auf das äußere Erscheinungsbild, sondern auch auf die Funktionalität und den Zweck jeder Handlung ankommt. Im Leben wie im Chanoyu sollten unsere Handlungen so ausgerichtet sein, dass sie den größtmöglichen Nutzen und die tiefste Harmonie erzeugen, indem sie sich nahtlos in den Fluss der Ereignisse einfügen.
62 三つ釘は、中の釘依り兩脇と二ツ割りなる眞中に打て
Wenn du drei Haken anbringst, um ein besonders breites Schriftbild aufzuhängen, teile den Abstand von der Mitte aus gleichmäßig auf beiden Seiten und nagle die Seitenhaken exakt in die Mitte jedes Abschnitts.
Die richtige Platzierung der Haken in der Tokonoma spiegelt den Sinn für Symmetrie und Harmonie im Chanoyu wider. Die genaue Verteilung des Abstands sorgt nicht nur für eine sichere Befestigung der Schriftrolle, sondern fördert auch ein Gefühl der Ausgeglichenheit und Ordnung im Raum. Diese Achtsamkeit in der Platzierung steht im Einklang mit den ästhetischen Prinzipien von Chanoyu, bei denen jede kleinste Handlung und jedes Detail Bedeutung hat.
Im übertragenen Sinne erinnert uns diese Regel daran, dass Balance und Ordnung im Leben nicht nur durch große Entscheidungen, sondern durch die sorgfältige Ausrichtung kleinerer Elemente erreicht werden. Genauso wie die gleichmäßige Verteilung der Haken eine harmonische Präsentation der Schriftrolle ermöglicht, können auch wir durch die bewusste Strukturierung unserer täglichen Aufgaben und Entscheidungen ein harmonisches Leben führen. Diese Präzision im Detail verdeutlicht, dass Achtsamkeit in allem, was wir tun, von zentraler Bedeutung ist, sowohl in der Teezeremonie als auch im Alltag.
63 文琳や 茄子 丸壺 大海は底に指をば掛けてこそ持て
Bei Bunrin, Nasu, Marutsubo und Taikai (Chaire) sollte stets ein Finger am Boden gehalten werden.
Die Chaire (Teedosen) wie Bunrin, Nasu, Marutsubo und Taikai sind nicht nur Gefäße, sondern symbolisieren im Chanoyu die Hingabe und Sorgfalt, mit der jede Handlung ausgeführt wird. Das Anlegen eines Fingers am Boden dieser Gefäße betont die Notwendigkeit von Achtsamkeit und Vorsicht in jeder Bewegung. Es geht darum, sicherzustellen, dass selbst wertvolle und fragile Dinge mit größter Umsicht behandelt werden.
Die Philosophie hinter dieser Handlung spiegelt sich auch in unserem täglichen Leben wider: Wir sollten uns bewusst sein, dass selbst kleine und unscheinbare Handlungen, wie das Tragen eines Gefäßes, große Bedeutung haben können. Die Lehre des Chanoyu zeigt uns, dass Sorgfalt und Achtsamkeit nicht nur für die großen Aufgaben, sondern auch für die kleinen, alltäglichen Dinge gelten. Wenn wir lernen, jeden Moment mit Bedacht zu behandeln, schaffen wir eine harmonische Verbindung zwischen uns und unserer Umgebung. So wird aus der Vorsicht im Umgang mit einem kleinen Gefäß eine Übung in Achtsamkeit und Respekt, die in alle Lebensbereiche ausstrahlt.
64 肩衝は中次と又同じ事、底に指をば掛けぬとぞ知る
In Bezug auf Katatsuki, wie auch auf Nakatsugi, solltest du beachten, dass der Boden nicht durch einen Finger gestützt werden muss.
Die Chaire-Formen Katatsuki und Nakatsugi weisen spezifische Merkmale auf, die ihre Handhabung erleichtern. Während bei anderen Chaire, wie etwa der Nasu, das Platzieren eines Fingers am Boden für zusätzlichen Halt notwendig ist, bieten diese Formen bereits eine ausreichende Stabilität. Der Verzicht auf den zusätzlichen Griff zeigt das Vertrauen in die Form und Struktur dieser Behälter.
Diese einfache Handhabung lehrt uns im Chanoyu eine wichtige Lektion: Es gibt Momente, in denen wir loslassen und der Struktur vertrauen müssen, anstatt zusätzliche Sicherheiten zu suchen. Oft streben wir nach Kontrolle und Sicherheit in allen Dingen, aber im Chanoyu lernen wir, wann es an der Zeit ist, einfach loszulassen und sich auf die innere Balance und das Vertrauen in die Form zu verlassen.
Im Alltag erinnert uns diese Praxis daran, dass nicht alles ständig unter Kontrolle gehalten werden muss. Vertrauen in die natürliche Ordnung der Dinge und das Akzeptieren, dass manche Dinge von selbst stabil sind, kann zu einer größeren Gelassenheit und einem ruhigen Geist führen. Dies ist ein zentrales Element des Weges des Tees – die Fähigkeit, mit Bedacht zu handeln, aber auch loszulassen, wenn die Situation es erfordert.
65 中次は胴を橫手に掛けて取れ、茶杓は直に置く物ぞ可し
Der Körper des Nakatsugi sollte seitlich gegriffen werden, und der Chashaku wird gerade auf dessen Deckel gelegt.
Im Chanoyu ist die Art und Weise, wie jedes Werkzeug gehandhabt wird, von großer Bedeutung, da jede Handlung eine tiefere symbolische Bedeutung hat. Das seitliche Greifen des Nakatsugi zeigt die Achtsamkeit des Teemeisters gegenüber dem Teebehälter, der durch seine Form ein besonderes Halten erfordert. Diese Bewegung betont die Präzision, die in jeder Phase der Teezeremonie erforderlich ist.
Der Chashaku wird gerade auf den Deckel gelegt, was nicht nur die ästhetische Harmonie unterstreicht, sondern auch das Streben nach Balance und Ordnung im Raum reflektiert. Jede Bewegung, so klein sie auch sein mag, beeinflusst die Harmonie des gesamten Rituals. Der Vers lehrt uns, wie wichtig es ist, in unseren täglichen Handlungen achtsam und präsent zu sein. Selbst die kleinsten Details haben Auswirkungen auf die Ordnung und das Gleichgewicht unseres Lebens.
Das Wissen, wann etwas losgelassen oder sanft abgelegt werden muss, ist auch eine wichtige Lebenslektion. Dies gilt sowohl im Chanoyu als auch im täglichen Leben, wo es darum geht, das Richtige zur richtigen Zeit zu tun und den Moment zu respektieren.
66 大海を遇う時は大指を肩に掛けるぞ習いなりける
Wenn du den Taikai (Chaire) in der Hand hältst, solltest du üben, deinen Daumen auf der Schulter ruhen zu lassen.
Der Chaire ist ein kleiner, wertvoller Behälter, der in der Teezeremonie für die Aufbewahrung von Matcha verwendet wird, besonders für die Zubereitung von Koicha (dicker Tee). Es gibt verschiedene Formen von Chaire, wie Nasu (Auberginenform) oder Bunrin (apfelförmig). Der Chaire wird oft in einem Seidenbeutel, dem Shifuku, aufbewahrt, um ihn zu schützen.
Der Taikai hingegen ist eine größere Version des Chaire, die bei formellen Teezeremonien oder für größere Mengen Tee verwendet wird. Das Halten des Taikai erfordert besondere Sorgfalt, da seine Größe eine stabile Handhabung verlangt. Indem der Daumen auf der „Schulter“ des Gefäßes ruht, wird eine kontrollierte und sichere Haltung gewährleistet. Dies spiegelt die Präzision wider, die in der Chanoyu-Praxis von entscheidender Bedeutung ist.
Der Taikai ist also in der Regel größer und breiter, weshalb das Halten mit dem Daumen auf der Schulter des Gefäßes die stabilste Methode ist.
Achtsamkeit und Respekt für die Teeutensilien sind zentrale Prinzipien des Chanoyu. Jedes Objekt, ob groß oder klein, hat eine bestimmte Bedeutung und wird mit großer Sorgfalt behandelt. Diese Aufmerksamkeit für Details spiegelt sich in jeder Bewegung wider, sei es beim Halten eines Chaire oder eines Taikai. Der bewusste Umgang mit den Utensilien lehrt uns, wie wichtig Kontrolle und Harmonie in unseren Handlungen, sowohl in der Teezeremonie als auch im täglichen Leben, sind.
67 口廣い茶入の茶をば汲むと云う、狹口をば掬うとぞ云う
Bei einem Chaire mit weitem Mund verwendet man den Begriff "Kumu"; bei einem mit engem Mund sagt man "Sukuu".
Je nach der Form des Chaire wird für das Schöpfen des Tees entweder der Begriff "Kumu" (für weite Öffnungen) oder "Sukuu" (für enge Öffnungen) verwendet.
Im Chanoyu spielen selbst die kleinsten Details eine Rolle, wie beispielsweise die Wahl der Begriffe für das Schöpfen des Matcha aus einem Chaire. Ein Chaire ist ein Teegefäß, das zur Aufbewahrung von Koicha (dickem Matcha) verwendet wird. Es gibt verschiedene Formen von Chaire, darunter die mit weiter Öffnung (für die der Begriff Kumu verwendet wird) und solche mit enger Öffnung (bei denen man Sukuu sagt).
Die Begriffe unterscheiden nicht nur die physische Form des Chaire, sondern spiegeln auch die tiefe Achtsamkeit wider, die im Chanoyu erforderlich ist. Diese Praxis lehrt uns, dass auch unsere alltäglichen Handlungen – selbst das einfache Entnehmen von Tee – mit Bedacht und Präzision ausgeführt werden sollten. Indem wir auf Details achten, wie die Form eines Objekts oder die Wahl der richtigen Bewegung, vertiefen wir unser Verständnis von Harmonie und Achtsamkeit.
Diese Lehre lässt sich auch auf unser tägliches Leben übertragen: Indem wir uns bewusst auf die kleinen Unterschiede konzentrieren, die für verschiedene Situationen gelten, können wir unsere Handlungen besser auf den jeweiligen Kontext abstimmen und so ein Gleichgewicht zwischen äußerer Form und innerer Absicht herstellen.
68 濃茶には手前を捨て一筋に服の加減と息を散らすな
Bei der Zubereitung von Koicha solltest du den starren Fokus auf das genaue Befolgen des Temae loslassen und den Tee in einem ununterbrochenen Fluss, ohne den Atem zu zerstreuen, zubereiten.
Dieser Vers betont, dass das Wesentliche im Chanoyu nicht das mechanische Befolgen der Regeln ist, sondern die innere Einstellung und der fließende Ablauf. Während das Temae den Rahmen vorgibt, fordert der Vers dazu auf, sich nicht zu sehr auf das Verfahren zu fixieren, sondern die Harmonie der Handlung und das richtige Gefühl zu wahren. Es geht darum, den Tee mit innerer Ruhe und Beständigkeit zuzubereiten, ohne den Fluss der Bewegung oder des Atems durch starres Denken zu unterbrechen.
Die Lehre ist, dass Koicha nur dann richtig gelingt, wenn der Praktizierende in sich selbst gefestigt ist. Achtsamkeit und Hingabe an den Moment sind entscheidend. Dieser Gedanke lässt sich auf das Leben übertragen: Die ständige Fixierung auf Regeln und Verfahren kann den natürlichen Fluss stören. Vielmehr sollten wir lernen, in Harmonie mit uns selbst und der Situation zu handeln, um wahre Meisterschaft zu erlangen.
69 小板にて濃茶を立てば茶巾をば小板の端に置く物ぞ可し
Wenn du Koicha auf einer Ko-ita servierst, sollte das Chakin an den Rand der Ko-ita gelegt werden.
Die Ko-ita ist ein kleines Holzbrett, das bei der Furo-Zeremonie als Plattform dient. Wenn Koicha auf einer solchen Platte serviert wird, ist es wichtig, das Chakin (das Tuch, das zum Reinigen der Utensilien verwendet wird) an den Rand der Ko-ita zu legen. Diese Praxis schafft Ordnung und Raum für die anderen Utensilien.
Der Vers verdeutlicht die Struktur und Harmonie, die im Chanoyu angestrebt werden. Jede Kleinigkeit, wie die Platzierung des Chakin, trägt zur Gesamtharmonie der Teezeremonie bei. Auch im Alltag sollten wir uns bemühen, jedem Detail die angemessene Aufmerksamkeit zu schenken, um Ordnung und Ruhe zu schaffen.
70 薄板は 床の大小 又花や花生により 變わる品々
Was die Usu-ita betrifft, so variieren ihre Formen je nach Größe der Tokonoma, den Blumen und der Blumenvase.
Die Usu-ita ist eine dünne Platte, die unter das Blumenarrangement in der Tokonoma gelegt wird, um die Tatami (Matte) vor Wasserflecken zu schützen. Ihre Größe und Form wird je nach dem verwendeten Blumengefäß angepasst.
Im Chanoyu zeigt die Verwendung der Usu-ita, wie wichtig die Verbindung von Funktionalität und Ästhetik ist. Sie sorgt für Schutz und verstärkt gleichzeitig die Harmonie der Umgebung. Diese Praxis verdeutlicht die Achtsamkeit gegenüber jedem Detail und erinnert uns daran, dass selbst kleine Handlungen das Gesamtbild beeinflussen können – eine Lehre, die auch für das tägliche Leben gilt.
71 薄板は床框より十七目、又は十八 十九目に置け
Was die Usu-ita betrifft, sollte sie 17-Me vom Toko-gamachi entfernt platziert werden; 18- oder 19-Me sind ebenfalls akzeptabel.
Die Usu-ita ist eine dünne Platte, die verwendet wird, um die Tatami vor Verschmutzung oder Beschädigung zu schützen, insbesondere wenn Blumenarrangements oder Vasen in der Tokonoma präsentiert werden. Das Maß Me bezieht sich auf die traditionelle japanische Methode, Abstände auf Tatami-Matten abzuzählen. Diese präzisen Vorgaben erinnern uns an die große Bedeutung von Genauigkeit und Achtsamkeit im Chanoyu.
Das korrekte Platzieren der Usu-ita trägt nicht nur zur physischen Pflege des Raumes bei, sondern stellt auch sicher, dass der ästhetische und spirituelle Fluss in der Zeremonie bewahrt bleibt. Dies verdeutlicht, wie wichtig es ist, in allen Dingen, selbst in den kleinsten Handlungen, Ordnung und Harmonie zu wahren. Diese Lehre lässt sich auch auf den Alltag übertragen, wo genaue und überlegte Handlungen zu einem ausgeglichenen und erfüllten Leben führen können.
72 筒茶碗 深い底より拭き上り 重ねて內へ手を遣らぬ物
Ein Tsutsu-Chawan sollte von der tiefen Unterseite nach oben abgewischt werden, sodass die Hand nicht erneut hineingreifen muss.
Der Tsutsu-Chawan ist eine spezielle Art von Teeschale, die schmal und tief ist. Diese Form, häufig im Winter verwendet, bewahrt die Wärme des Tees länger, was ihn besonders für die kalte Jahreszeit geeignet macht. Beim Reinigen oder Abwischen sollte die Handbewegung so gestaltet sein, dass man von unten nach oben arbeitet, um zu verhindern, dass die bereits gereinigte Innenseite erneut berührt wird. Diese Vorsicht und Achtsamkeit spiegeln die Grundprinzipien des Chanoyu wider, in denen nicht nur die äußere Reinheit, sondern auch die Reinheit der Bewegungen und Gedanken von Bedeutung ist.
Im Alltag erinnert uns dieser Vers daran, dass achtsames Handeln nicht nur Effizienz bedeutet, sondern auch Sorgfalt und Respekt gegenüber den Gegenständen, die wir verwenden. Das korrekte Abwischen der Teeschale ohne unnötige Wiederholungen ist ein Beispiel dafür, wie kleine Handlungen große Bedeutung tragen können. Diese Achtsamkeit lässt sich auf alle Aspekte des Lebens übertragen, wo es darum geht, Dinge mit Bedacht zu tun und unnötige Handlungen zu vermeiden, um Klarheit und Reinheit zu bewahren.
73 乾いたる茶巾使ば 湯を少し翻し殘して遇うぞよ聞
Wenn das Chakin trocken geworden ist, sollte man ein wenig heißes Wasser im Chawan zurücklassen und damit das Tuch wieder befeuchten.
Das Chakin ist das Tuch, das in der Teezeremonie zur Reinigung des Chawan (Teeschale) verwendet wird. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass das Tuch feucht bleibt, um die Bewegungen geschmeidig und die Reinigung effektiv zu gestalten. Im Sommer oder in wärmeren Umgebungen trocknet das Chakin jedoch schneller aus. Dieser Vers lehrt uns, dass es eine einfache Lösung gibt: etwas heißes Wasser zurücklassen, um das Tuch wieder zu befeuchten. Dies sorgt nicht nur dafür, dass die Teezeremonie reibungslos fortgeführt wird, sondern symbolisiert auch die Anpassungsfähigkeit und Flexibilität, die im Chanoyu von großer Bedeutung sind.
Im weiteren Sinne kann dieser Vers als Metapher für das Leben verstanden werden: Manchmal trocknen unsere Ressourcen oder Energien aus, aber durch kleine, bewusste Handlungen – wie das Zurückhalten von Wasser – können wir die Balance wiederherstellen. Es geht darum, Achtsamkeit gegenüber den Bedingungen zu bewahren und flexibel auf Veränderungen zu reagieren.
74 名物の茶碗出たる茶の湯には 少し心得變わるとぞ知れ
Wenn ein Meibutsu-Chawan bei der Chanoyu verwendet wird, ändern sich die Regeln des Verfahrens leicht.
Ein Meibutsu-Chawan ist eine besonders wertvolle und berühmte Teeschale, die oft eine lange Geschichte hat. Solche Schalen sind häufig von hohem künstlerischem und kulturellem Wert, weshalb besondere Vorsicht im Umgang erforderlich ist. Wenn ein Meibutsu-Chawan verwendet wird, kommen spezifische zusätzliche Schritte in der Teezeremonie hinzu. Dazu gehört das Benutzen eines Kae-Chawan, einer Ersatzschale, die beim Reinigen des Meibutsu-Chawan verwendet wird, um die wertvolle Schale nicht zu beschädigen. Ebenso wird darauf geachtet, dass der Reinigungsprozess mit besonderer Sorgfalt durchgeführt wird.
Diese Anpassungen zeigen den Respekt und die Achtsamkeit, die im Chanoyu gegenüber wertvollen Objekten gelebt wird. Gleichzeitig spiegelt es die zentrale Lehre wider, dass jede Situation individuell betrachtet werden sollte. Die Regelmäßigkeit des Verfahrens passt sich den Umständen an, ähnlich wie im Leben, wo Flexibilität und ein tiefer Respekt für den Moment entscheidend sind, um Harmonie zu bewahren.
75 茶を立てば茶筌に心よく付けて、茶碗の底へ强く當るな
Beim Tee-Machen sollte dein Fokus auf dem Chasen liegen: vermeide es, ihn fest gegen den Boden des Chawan zu drücken.
Dieser Vers betont die Sorgfalt im Umgang mit dem Chasen (Bambusbesen) bei der Zubereitung des Tees. Ein zu starkes Drücken des Chasen gegen den Boden des Chawan (Teeschale) kann nicht nur den Besen selbst, sondern auch die Schale beschädigen. Das leichte, kontrollierte Aufschlagen des Tees steht im Einklang mit der Achtsamkeit und Feinfühligkeit, die im Chanoyu verlangt wird.
Der Vers erinnert daran, dass grobe Handlungen nicht nur den physischen Gegenständen schaden, sondern auch der Harmonie des Rituals. Das Verhalten beim Tee-Schlagen sollte eine Balance zwischen Festigkeit und Leichtigkeit widerspiegeln – eine Metapher für den bewussten Umgang mit den Dingen des Lebens: achtsam, sanft und ohne unnötige Härte.
76 銅鑼打つは大と小とに中々に大と、五ツの數を打つ也
Beim Schlagen des Dora: Zuerst groß, dann klein, und dann zweimal mittel, gefolgt von einem letzten großen Schlag. Insgesamt wird fünfmal geschlagen.
Dieses Gedicht beschreibt die Technik, mit der das Dora (Gong) bei einer Chanoyu-Veranstaltung geschlagen wird, um die Gäste zu rufen. Die Abfolge der Schläge – erst groß, dann klein, gefolgt von zwei mittleren und einem großen Schlag – erzeugt einen Klang, der die Aufmerksamkeit auf sich zieht und zugleich die Atmosphäre der Teezeremonie einleitet.
Das bewusste Schlagen des Gongs spiegelt die Rhythmik und Balance wider, die im Chanoyu zentral sind. Diese Rhythmik lässt sich auch im täglichen Leben anwenden: Jede Handlung, jeder Moment hat seine eigene Bedeutung und seinen eigenen Rhythmus. Indem wir uns der Abfolge von Handlungen bewusst werden, können wir eine Harmonie schaffen, die das Leben sowohl ordnet als auch bereichert.
So wie der Klang des Gongs einen ruhigen Beginn markiert, so können wir durch bewusste Handlungen einen ruhigen und bedeutungsvollen Start in alles Neue setzen.
77 燈火に油を次がば多く付け、客に明かざる心得と知れ
Wenn du Öl in die Lampe nachfüllst, achte darauf, es reichlich zu tun. Es wäre unangenehm für die Gäste, wenn das Licht verlösche, bevor sie gegangen sind.
Die Lampen sollten nie während des Treffens ausgehen, da dies den Eindruck erweckt, die Gäste hätten zu lange verweilt. Das Nachfüllen des Öls zeigt die Voraussicht und Achtsamkeit des Gastgebers.
Im Chanoyu geht es darum, den Gästen eine angenehme Atmosphäre zu bieten. Ein verlöschendes Licht könnte als subtiler Hinweis darauf verstanden werden, dass es Zeit ist, zu gehen. Indem der Gastgeber genügend Öl nachfüllt, signalisiert er, dass die Gäste willkommen sind und sich keine Sorgen machen müssen, zu lange zu bleiben.
Dies erinnert uns daran, wie wichtig es ist, in unserem Leben vorausschauend und aufmerksam zu handeln. Oft können kleine, vorausschauende Gesten Missverständnisse und unangenehme Situationen vermeiden.
78 燈火に陰と陽との二ツ有り、曉陰に夜は陽也
Eine Lampe kann sowohl Yin als auch Yang sein: in der Morgendämmerung ist sie Yin, bei Nacht ist sie Yang.
Das Licht in der Teezeremonie spielt eine entscheidende Rolle und wird je nach Tageszeit als Yin oder Yang betrachtet. Während der Morgendämmerung, einer Zeit des Übergangs, wird das Licht als Yin wahrgenommen – ruhig und sanft. In der Nacht jedoch, wenn das Licht den Raum erhellt, wird es zu Yang, das Aktivität und Leben symbolisiert.
Dieses Gleichgewicht zwischen Yin und Yang zeigt, wie wichtig der Ausgleich zwischen Ruhe und Aktivität ist. In der Chanoyu wird jede Bewegung und Entscheidung durch diese Prinzipien beeinflusst, um eine Harmonie zu schaffen, die über die Teezeremonie hinaus in unser tägliches Leben übertragen werden kann.
Die Balance zwischen diesen Kräften lehrt uns, wie wir in unserem eigenen Leben auf das Gleichgewicht zwischen Ruhe und Bewegung achten können, um innere Harmonie zu bewahren und unsere Umgebung im Fluss dieser Energien wahrzunehmen.
79 曉は數寄屋の內も行燈に、夜會などには短檠を置け
Im Morgengrauen sollte selbst im Sukiya eine Andon aufgestellt werden; für nächtliche Treffen hingegen wird der Tankei verwendet.
Die Andon (Reiselampe) wird bei Tagesanbruch im Sukiya (Teestube) verwendet, um das sanfte Licht des Morgens widerzuspiegeln. Ihre gedämpfte Helligkeit unterstützt die Ruhe des beginnenden Tages und sorgt für eine harmonische Stimmung in der Zeremonie.
Bei nächtlichen Treffen wird der Tankei verwendet. Diese Lampe symbolisiert Klarheit und Orientierung in der Dunkelheit. Sie strahlt ein starkes, aber angenehmes Licht aus, das den Raum erhellt und eine Atmosphäre der Konzentration und des Fokus schafft.
Dieser Vers erinnert daran, dass die Wahl der richtigen Werkzeuge und Elemente nicht nur die Zeremonie, sondern auch unser tägliches Leben prägen kann. Indem wir den Moment bewusst gestalten, schaffen wir eine harmonische Umgebung, die sowohl uns selbst als auch unsere Mitmenschen beeinflusst.
80 右の手を扱う時は 我が心左の方に有りと知るべし
Wenn du mit der rechten Hand etwas ausführst, sollte dein Geist die linke Hand im Auge behalten.
Dieser Vers betont die Bedeutung der Balance zwischen den Händen im Chanoyu. Die rechte Hand steht für das aktive Handeln, während die linke für das ruhige Bewusstsein steht. Selbst wenn die rechte Hand beschäftigt ist, darf die linke nicht vernachlässigt werden. Sie bleibt bereit und kontrolliert, was die Harmonie und Achtsamkeit jeder Bewegung unterstreicht.
Im Chanoyu symbolisieren die beiden Hände nicht nur physische Ausführung, sondern auch den Geist und das Bewusstsein. Diese Idee kann leicht auf das tägliche Leben übertragen werden: Wenn wir uns auf eine Aufgabe konzentrieren, sollten wir dennoch das Gesamtbild im Auge behalten und auch die „ruhige Hand“ in uns beachten. So schaffen wir eine innere Balance, die uns dabei hilft, in Harmonie zu leben.
81 拭紗をば竪は九寸餘、橫幅は八寸八分矩尺にせよ
Die Länge des Fukusa sollte etwa 9-sun und die Breite 8-sun 8-bu betragen.
Das Fukusa ist ein Seidentuch, das im Chanoyu für Reinigungsrituale verwendet wird. Es misst traditionell 9 sun in der Länge und 8 sun 8 bu in der Breite, was ungefähr 27 cm x 26,6 cm entspricht. Diese festgelegten Maße folgen den Prinzipien von Balance und Proportion, die im Teeweg entscheidend sind.
Das Fukusa wird nicht nur zum Reinigen verwendet, sondern symbolisiert auch die Reinheit und Achtsamkeit im Handeln. Die bewusste und konzentrierte Handhabung des Tuchs ist ein Ausdruck von Ordnung und trägt zur Harmonie der Zeremonie bei. Diese Lehre erinnert uns daran, wie wichtig es ist, auch in unserem Leben auf die kleinsten Details zu achten, um Balance zu schaffen.
82 茶巾をば長み布幅一尺に、橫は五寸の矩尺と知れ
Das Chakin sollte in der Länge 1-shaku und in der Breite 5-sun messen.
Das Chakin ist ein rechteckiges Leinentuch, das im Chanoyu für die Reinigung der Chawan (Teeschale) verwendet wird. Traditionell misst es 1 shaku in der Länge (ca. 30,3 cm) und 5 sun in der Breite (ca. 15,15 cm). Diese Abmessungen haben sich seit Jahrhunderten bewährt und symbolisieren die Reinheit und Achtsamkeit, die im Teeweg entscheidend sind.
Das Chakin ist schlicht, doch es erinnert uns daran, wie wichtig es ist, auch alltägliche Gegenstände sorgfältig und respektvoll zu behandeln. Diese Achtsamkeit im Umgang mit den Utensilien des täglichen Lebens fördert das Gefühl von Harmonie und Sorgfalt, das im Herzen des Chanoyu steht.
83 他所にては茶を汲むて後茶杓にて茶碗の緣を心して打て
Wenn du an einem anderen Ort Tee schöpfst, klopfe den Chashaku vorsichtig gegen den Rand der Chawan.
Im Chanoyu sind Achtsamkeit und Respekt gegenüber den Utensilien von zentraler Bedeutung. Der Chashaku (Bambuslöffel) wird nach dem Schöpfen oft leicht gegen den Rand der Chawan (Teeschale) geklopft, um den restlichen Tee zu entfernen. Doch wenn man mit fremden Utensilien arbeitet, ist es wichtig, dies besonders behutsam zu tun, um die Rücksicht zu wahren.
Diese Handlung ist ein Ausdruck von Bescheidenheit und Achtsamkeit. Es zeigt die Haltung, dass man nicht nur auf das eigene Handeln achtet, sondern auch darauf, die Umgebung und die Werkzeuge anderer mit Respekt zu behandeln. Eine Lehre, die uns auch im Alltag daran erinnert, wie wichtig es ist, sorgsam und rücksichtsvoll zu handeln.
84 蓋置に三ツ足あらば一ツ足、前に使うと心得て置け
Wenn ein Futaoki drei Beine hat, platziere eines davon nach vorne, wenn du es abstellst.
Das Futaoki (Deckelhalter) dient dazu, den Deckel des Kama (Teekessel) während der Chanoyu (Teezeremonie) abzulegen. Besonders bei dreibeinigen Varianten wie Gotoku oder Mitsu-ningyo wird ein Bein bewusst nach vorne platziert. Dies zeigt die Bedeutung von Achtsamkeit und Harmonie, die in jeder Handlung im Chanoyu präsent sein muss.
Die korrekte Platzierung des Futaoki ist nicht nur ein ästhetisches Detail, sondern trägt zur Ausgewogenheit und Ordnung des gesamten Arrangements bei. Diese Regel erinnert uns daran, dass selbst kleine Handlungen im Alltag eine große Wirkung haben können. Indem wir achtsam auf die Ausrichtung und Positionierung der Dinge achten, schaffen wir Harmonie und Balance in unserem Umfeld und Leben.
85 茶入より茶を掬うには心得て 初·中·後 掬え、それが秘事也
Wenn du Matcha-Pulver aus einem Chaire entnimmst, beachte die Reihenfolge: zuerst eine kleine Menge, dann eine mittlere und schließlich eine größere Menge. Dies gehört zum geheimen Wissen.
Das Entnehmen von Matcha-Pulver aus dem Chaire (Teegefäß) mit dem Chashaku (Bambuslöffel) erfolgt in einer spezifischen Reihenfolge: Zuerst wird eine kleine Menge Pulver aufgenommen, gefolgt von einer mittleren und dann einer größeren Menge. Diese Methode erfordert viel Achtsamkeit und steht im Einklang mit der Ordnung und Harmonie im Chanoyu.
Das „geheime Wissen“ des Teewegs liegt oft in den kleinsten Details verborgen. Dieser Vers erinnert daran, dass jede noch so einfache Handlung, wenn sie mit Sorgfalt und Bedacht ausgeführt wird, eine tiefere Bedeutung erhält. Im Alltag lehrt uns dieser Gedanke, dass das Befolgen von Details und das Handeln in Harmonie zu größerem Erfolg und innerer Ausgeglichenheit führen können.
86 柄杓にて湯と水とをば汲む時は、汲むと思わじ、持つと思わじ
Wenn du mit dem Hishaku Wasser schöpfst, denke weder an das Schöpfen noch an das Halten.
Der Vers lehrt uns, dass im Chanoyu der Fokus auf der natürlichen Ausführung von Handlungen liegen sollte, ohne sich durch bewusstes Nachdenken zu blockieren. Der Hishaku (Bambuskelle) wird oft verwendet, um Wasser zu schöpfen, und es wird erwartet, dass dies mit einem freien Geist geschieht. Indem wir nicht aktiv an das Schöpfen oder Halten denken, lassen wir die Bewegung fließen und führen sie mit Leichtigkeit aus.
Diese Praxis des „Nicht-Anhaftens“ an der Handlung erinnert uns daran, dass wir oft zu viel über die Mechanik unserer Handlungen nachdenken und dadurch den natürlichen Fluss behindern. Im Alltag bedeutet das, dass wir durch das Loslassen bewusster Kontrolle mehr Harmonie und Effizienz in unsere Tätigkeiten bringen können, indem wir auf unsere natürlichen Bewegungen vertrauen.
87 湯を汲みて茶碗に入る、其の時の柄杓の捻は肱よりぞ爲る
Beim Eingießen von heißem Wasser in den Chawan sollte die Drehung des Hishaku vom Ellbogen ausgeführt werden.
Der Vers verdeutlicht die Technik, bei der die Bewegung des Hishaku nicht aus dem Handgelenk, sondern aus dem Ellbogen heraus erfolgen sollte. Diese zentrierte Bewegung sorgt für Harmonie und einen gleichmäßigen Fluss des Wassers in den Chawan (Teeschale).
Diese Lehre betont die Bedeutung der Kontrolle und Balance, nicht nur in der Teezeremonie, sondern auch im Alltag. Wenn wir unsere Handlungen aus einer stabilen, zentralen Quelle heraus steuern, können wir den Fluss und die Harmonie bewahren. Dies ist eine wertvolle Lektion sowohl für das Gießen von Wasser als auch für den Umgang mit alltäglichen Aufgaben.
88 水指に手桶出さば、手は橫に、前の蓋取り先に重ねよ
Wenn ein Teoke als Mizusashi verwendet wird, sollte der Griff seitlich ausgerichtet sein und der vordere Deckel zuerst entfernt und auf den hinteren Deckel gelegt werden.
Ein Teoke ist ein zylinderförmiger Behälter mit Griff, der sorgfältig geöffnet und geschlossen wird, indem die Deckel entsprechend positioniert werden. Die Handhabung der Deckel zeigt die Bedeutung von Ordnung und Sorgfalt, die im Chanoyu wesentliche Prinzipien sind. Die richtige Reihenfolge beim Entfernen der Deckel gewährleistet die Stabilität und den Fluss der Zeremonie.
Diese Lektion erinnert uns daran, dass auch im Alltag *Achtsamkeit* und die richtige Reihenfolge von Handlungen dazu beitragen, Harmonie und Ausgeglichenheit zu schaffen. Indem wir mit Bedacht vorgehen, halten wir den natürlichen Fluss aufrecht und vermeiden unnötige Störungen.
89 釣甁こそ手は竪に置け、蓋取らば釜に近付方と知るべし
Beim Umgang mit dem Tsurube sollte der Griff von vorne nach hinten ausgerichtet sein, und der Deckel von der Seite entfernt werden, die dem Kama zugewandt ist.
Der Tsurube ist ein antikes Wassergefäß, das im Chanoyu als stilisiertes Element verwendet wird. Seine Handhabung erfordert Achtsamkeit und eine bewusste Ausrichtung auf die zentrale Wärmequelle des Raumes, den Kama. Der Vers lehrt uns die Bedeutung von Fokus und Präzision in unseren Handlungen.
Diese Lektion kann auch auf unser tägliches Leben übertragen werden: Wenn wir uns auf das Wesentliche konzentrieren und unsere Handlungen mit *Ordnung* und *Sorgfalt* ausrichten, schaffen wir einen Fluss, der Harmonie und Balance in unseren Alltag bringt. Jeder Schritt, den wir tun, sollte bewusst und zielgerichtet sein.
90 水と湯と 茶巾 茶筌に 箸、楊枝 柄杓と心 新しい善し
Wasser, heißes Wasser, Chakin, Chasen, Essstäbchen, Yōji, Hishaku und das Herz: alles sollte frisch und erneuert sein.
Dieser Vers betont die Bedeutung von Reinheit und Erneuerung im Chanoyu. Alle genannten Utensilien – Chakin (Reinigungstuch), Chasen (Bambusbesen), Hishaku (Wasserschöpfer) und weitere – sollten immer frisch sein, um die Reinheit der Zeremonie zu gewährleisten. Doch diese Frische bezieht sich auch auf unser Herz und unseren Geist.
Das Streben nach einem „neuen Herzen“ impliziert, dass wir jede Handlung im Chanoyu und im Leben mit Achtsamkeit und einem klaren, reinen Geist ausführen sollten. So können wir Harmonie in unseren Alltag bringen und unsere Umgebung positiv beeinflussen.
91 茶は寂びて心は厚く持てなせよ、道具は何時も有合にせよ
Tee sollte gereift und ruhig sein; das Herz warm und großzügig. Nutze die Utensilien, die gerade verfügbar sind.
Dieser Vers verdeutlicht, dass im Chanoyu nicht die äußere Perfektion, sondern die innere Haltung entscheidend ist. Die Teezeremonie sollte von einer ruhigen, reifen Gelassenheit getragen werden. Ein warmes Herz und aufrichtige Gastfreundschaft sind wichtiger als die Verwendung perfekter oder besonders wertvoller Utensilien. Es geht darum, den Geist des Tees in Einfachheit und mit echtem Mitgefühl zu leben.
Auch im Leben selbst spiegelt sich diese Weisheit wider: Wahre Größe liegt nicht im äußeren Glanz, sondern im Umgang mit dem, was man hat, und in der Fähigkeit, sich dem Moment und den Menschen gegenüber offen und herzlich zu zeigen. Die Authentizität und innere Ruhe sind das, was im Chanoyu – wie auch im Alltag – wirklich zählt.
92 茶の湯には梅、寒菊に、黃葉落、靑竹、枯木、曉の霜
In der Teezeremonie (Chanoyu) liegt die Essenz in der Betrachtung der Pflaumenblüte, der kalten Chrysantheme, fallender Blätter, grünen Bambus, kahler Bäume und des Morgendämmerungsfrosts.
Dieses Gedicht malt poetische Bilder der Natur, die den Geist des Chanoyu widerspiegeln. Die Pflaumenblüte (*Ume*) symbolisiert den Frühling und das Aufblühen des Lebens, während die kalte Chrysantheme (*Kan-Giku*) für den Herbst und die kühle Gelassenheit steht. Die fallenden Blätter und kahlen Bäume verdeutlichen den Kreislauf des Lebens und das Vergehen der Zeit, während der grüne Bambus (*Aodake*) Beständigkeit und Stärke verkörpert. Der Morgendämmerungsfrost ist ein Symbol für die vergängliche Schönheit des Augenblicks.
Diese Bilder lehren uns, sowohl das Aufblühen als auch das Verwelken im Leben mit Gelassenheit zu betrachten. Der Vers fordert uns auf, die vergängliche Schönheit in jedem Moment zu erkennen, auch in der Stille des Winters. Im Chanoyu drückt sich diese tiefe Wertschätzung für die Natur und die Vergänglichkeit in jedem Detail der Zeremonie aus.
93 習いをば塵芥ぞと思へ可し、書物は反古腰ばかりにせよ
Betrachte die Lehren als wertlosen Abfall, und die Schriften sind nur nützlich, um die Wand am unteren Ende zu bedecken.
Dieser Vers betont, dass die bloße Ansammlung von Wissen oder das strikte Befolgen von Regeln leer und bedeutungslos sind, wenn sie nicht im Herzen verinnerlicht werden. Regeln und Schriften sind Werkzeuge, aber sie dürfen nicht zum Selbstzweck werden. Der wahre Wert liegt in der Erfahrung und im Verständnis, die durch Praxis und persönliche Einsicht gewonnen werden.
Im Chanoyu – und auch im Leben – geht es darum, über das rein Intellektuelle hinauszuwachsen. Äußere Formen und Regeln sind vergänglich, doch das, was im Inneren verankert ist, bleibt. Diese Weisheit lehrt, dass wahre Meisterschaft aus innerem Verständnis entsteht, nicht aus der bloßen Anhäufung von Wissen oder der Befolgung von Vorschriften.
94 茶の湯とは只湯を沸し茶を立て、呑むばかり成る事と知るべし
Chanoyu bedeutet lediglich, Wasser zu kochen, Tee zu bereiten und ihn zu trinken. Man sollte verstehen, dass es genau das ist.
Dieser Vers bringt die Essenz des Chanoyu auf den Punkt: Im Kern geht es um Einfachheit. Das Ritual des Tees ist keine komplexe oder geheimnisvolle Handlung, sondern reduziert sich auf das Wesentliche – das Kochen von Wasser, das Zubereiten von Tee und das gemeinsame Trinken.
Diese Schlichtheit erinnert uns daran, dass das Streben nach Perfektion und überflüssigen Verzierungen die eigentliche Bedeutung der Teezeremonie verdecken kann. Das Wesentliche ist die Achtsamkeit im Moment, ohne Ablenkungen durch äußere Ansprüche oder Erwartungen. Auch im täglichen Leben sollten wir uns auf das konzentrieren, was wirklich zählt, und das Einfache schätzen.
95 茶の湯をば心に染めて目に掛けず、耳を潛めて聞く事も無し
Färbe dein Herz mit Chanoyu, zeige es nicht mit den Augen, und höre, ohne deine Ohren zu nutzen.
Dieser Vers betont, dass die wahre Essenz des Chanoyu nur durch innere Achtsamkeit erfasst wird. Es geht nicht darum, die Zeremonie nach außen hin sichtbar zu machen, sondern sie im Herzen zu tragen und zu verstehen. Die Wahrnehmung erfolgt auf einer tieferen Ebene, jenseits der aktiven Nutzung von Augen oder Ohren.
Im übertragenen Sinne fordert der Vers dazu auf, das Leben mit einem reinen und offenen Geist zu durchdringen. Wahres Sehen und Hören entstehen aus einem Zustand innerer Klarheit und Offenheit, nicht aus der oberflächlichen Nutzung unserer Sinne. Diese Weisheit gilt sowohl für das Chanoyu als auch für das tägliche Leben.
96 本よりも無き、古への法なれど今ぞ極むる本來の法
Von Anfang an gab es nichts, und obwohl es das alte Gesetz gibt, muss das wahre Gesetz (das natürliche Prinzip) jetzt vollendet werden.
Dieser Vers spiegelt die Zen-Lehre der Leere wider, die auch im Chanoyu eine zentrale Rolle spielt. Die Aussage „von Anfang an gab es nichts“ erinnert uns daran, dass Formen und Regeln letztlich leer sind, da sie aus dem Nichts entstanden sind. Dennoch besteht eine tiefe Verbindung zu alten Gesetzen und Traditionen. Doch der wahre Weg im Chanoyu besteht darin, diese Gesetze im aktuellen Moment zur Vollendung zu bringen, indem man sich den Gegebenheiten anpasst und das Natürliche und Wahre in der Gegenwart findet.
Auch im Leben bedeutet dies, dass man die Vergangenheit respektieren kann, aber die wahre Weisheit darin besteht, flexibel und aufmerksam auf den Moment zu reagieren, um das Richtige und Natürliche zu tun. Die Weisheiten der Vergangenheit sollten als Fundament dienen, aber nicht starr festgelegt sein, sondern sich im gegenwärtigen Handeln entfalten.
97 規矩作法守り盡くして破るとも、離るとても本を忘る
Selbst wenn man die Regeln treu befolgt und dann bricht oder sich von ihnen entfernt, vergisst man das Wesentliche.
Dieser Vers betont, dass die strikte Einhaltung von Regeln im Chanoyu nicht das Ziel ist. Weder das Befolgen noch das Brechen von Vorschriften führt zur wahren Erkenntnis. Das Wesentliche besteht darin, den tieferen Sinn zu verstehen und ihn zu bewahren, selbst wenn die äußere Form verändert oder aufgegeben wird. Das Ritual sollte nicht durch starre Regeln definiert werden, sondern durch das Bewusstsein für die Harmonie und das innere Verständnis, die es lehrt.
Auch im Alltag sollten wir uns nicht zu sehr auf äußere Strukturen verlassen. Die Regeln sind wichtig, aber nur, wenn sie uns helfen, den wahren Sinn und das Wesentliche zu erkennen. Die Freiheit, sich über Regeln hinwegzusetzen, kommt erst mit dem Verstehen ihrer eigentlichen Bedeutung.
98 上手には數奇と、器用と、功績むと、此の三ツ揃う人ぞよく知る
Meisterschaft im Chanoyu liegt in der Harmonie von Sukin, Geschicklichkeit und Erfahrung. Nur wenn diese drei Elemente zusammenkommen, kann man wahres Verständnis erlangen.
Dieser Vers beschreibt die drei zentralen Eigenschaften eines wahren Meisters im Chanoyu: Sukin (Zufriedenheit), Geschicklichkeit und Erfahrung. Es ist entscheidend, diese Elemente in Einklang zu bringen, um die Tiefe und das wahre Verständnis des Rituals zu erlangen.
Diese Lehre gilt nicht nur für das Chanoyu, sondern auch für unser tägliches Leben. Um in Harmonie und Gleichgewicht zu leben, sollten wir unsere Fähigkeiten weiterentwickeln, die Werte, die uns leiten, klar definieren und die Erfahrungen, die wir sammeln, als wertvolle Lehrmeister betrachten. Wahre Meisterschaft entsteht aus praktischer Anwendung, innerer Reflexion und dem Streben, im Einklang mit unseren Prinzipien zu leben.
99 目にも見よ耳にも觸れよ香を嗅て、事を問つヽよく合点せよ
Sieh mit deinen Augen! Höre mit deinen Ohren! Rieche den Duft und frage nach, bis du es vollständig verstehst.
Dieser Vers fordert dazu auf, alle Sinne zu nutzen, um die Lehren des Chanoyu vollständig zu erfassen. Die Aufforderung, mit Augen zu sehen und mit Ohren zu hören, unterstreicht die Wichtigkeit der Wahrnehmung und Achtsamkeit in der Teezeremonie. Der Akt des Riechens ist nicht nur physisch, sondern auch eine spirituelle Erfahrung, die den Praktizierenden dazu einlädt, die feinen Nuancen und den Charakter des Tees wahrzunehmen.
Zusätzlich wird die Aufforderung, nachzufragen, bis das Verständnis vollständig ist, in den Kontext von Chanoyu gesetzt, wo die Suche nach Wissen und die Vertiefung des Verständnisses als essenziell erachtet werden. Diese Haltung ist nicht nur im Chanoyu, sondern auch im Alltag von Bedeutung, denn die kontinuierliche Neugier und das Streben nach Wissen ermöglichen es uns, die Welt um uns herum klarer zu erfassen und zu verstehen.
100 置合せ心を付けて見るぞ可し、袋の縫目 疊目に置け
Wenn du die Utensilien zusammenstellst, richte deinen Geist darauf und achte darauf, dass die Nähte der Beutel auf den Linien der Tatami liegen.
Dieser letzte Vers betont die Bedeutung der Achtsamkeit bis ins kleinste Detail. Die Aufforderung, deinen Geist darauf zu richten, unterstreicht die zentrale Rolle der Aufmerksamkeit und Präsenz im Chanoyu. Es wird darauf hingewiesen, dass selbst die Nähte der Beutel mit den Linien der Tatami harmonieren sollten, um ein Gefühl der Ausgewogenheit zu erzeugen. Diese äußerliche Präzision steht symbolisch für die innere Ruhe, die im Chanoyu angestrebt wird.
Darüber hinaus erinnert dieser Vers daran, dass in der japanischen Teezeremonie selbst die kleinsten Handlungen und Entscheidungen Teil eines größeren Ganzen sind. Harmonie und Ästhetik sind nicht dem Zufall überlassen, sondern sollten bewusst gestaltet werden. Diese Prinzipien gelten nicht nur im Chanoyu, sondern auch im täglichen Leben, wo Achtsamkeit und das Streben nach Harmonie in allen Aspekten unseres Handelns von Bedeutung sind.
Der richtige Matcha für Deine Teezeremonie
Der CEREMONY Bio Matcha von VERY MATCHA ist ein Okumidori Matcha von außergewöhnlicher Qualität und eignet sich besonders für die traditionelle Zubereitung als Usucha oder Koicha. Er erfüllt alle Ansprüche an einen hochwertigen Matcha der japanischen Teezeremonie.
Fazit: Die Essenz der 100 Regeln
Die 100 Verse des Chanoyu sind ein Leitfaden für die Praxis der japanischen Teezeremonie und vermitteln die tiefe Bedeutung, die in jedem Aspekt dieser Kunstform steckt. Sie zeigen, dass Chanoyu weit über die bloße Zubereitung von Tee hinausgeht und zu einem Weg der Achtsamkeit und Harmonie wird, der den ganzen Menschen fordert.
Die innere und äußere Haltung im Chanoyu ist der Schlüssel zur Perfektion. Ob es darum geht, die Utensilien zu bewegen, den Tee zu schlagen oder Gäste zu empfangen – die Haltung sollte von Gelassenheit, Ruhe und Bescheidenheit geprägt sein. Die Verse lehren, dass wahre Stärke nicht in der Härte liegt, sondern in der Fähigkeit, mit Sanftheit und Bestimmtheit zu handeln. So wird die Teezeremonie zu einem Spiegelbild des Gleichgewichts zwischen Körper und Geist.